ForschungAnerkennung von Giraffenarten verändert Schutzkonzepte

Kürzlich hat die International Union for Conservation of Nature offiziell 4  genetisch unterschiedliche Arten von Giraffen anerkannt – nicht nur ein bloßes Detail der Wissenschaft, sondern auch wichtig für den Artenschutz.

Eine Giraffe steht in der Savanne des Krüger Nationalparks vor blauem Himmel.
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Erste Einschätzungen der IUCN deuten darauf hin, dass 3 schon der 4 Arten als „gefährdet“ oder sogar als „stark gefährdet“ gelten könnten.

Lange Zeit galt als gesichert, dass es sich bei den afrikanischen Säugetieren mit dem langen Hals um eine einzige Art handelt – die Giraffe (Giraffa). Die umfangreichen genetischen und morphologischen Untersuchungen, während der zehnjährige Forschungsarbeit unter Leitung des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums Frankfurt und der Giraffe Conservation Foundation (GCF), haben diese Annahme nun allerdings eindeutig und endgültig widerlegt.

Dazu sagt Prof. Axel Janke, Evolutionsgenetiker am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt: „Wir freuen uns sehr, dass die International Union for Conservation of Nature (IUCN) nun den Schritt der offiziellen Anerkennung von 4 unterschiedlichen Giraffenarten gegangen ist. Vier neue Großsäugerarten nach über 250 Jahren taxonomischer Forschung zu beschreiben, ist außergewöhnlich – insbesondere bei so ikonischen Tieren wie Giraffen. Unsere genetischen Analysen zeigen, dass die Unterschiede zwischen den Giraffenarten ebenso deutlich sind, wie jene zwischen Braun- und Eisbären.“

Unabhängige Entwicklung begann vor langer Zeit

Bereits 2016 hatte Jankes Team gemeinsam mit der Giraffe Conservation Foundation erste Forschungsergebnisse veröffentlicht, die auf deutliche genetische Divergenzen zwischen den Giraffenarten hinwiesen. In einem großangelegten Projekt sammelte das GCF-Team gemeinsam mit zahlreichen lokalen Partnerorganisationen über ein Jahrzehnt hinweg Gewebeproben von Giraffen aus ganz Afrika gesammelt – teils aus schwer zugänglichen und politisch instabilen Regionen wie dem Tschad, Niger oder Südsudan. Die Untersuchung von jeweils rund 200.000 DNA-Abschnitten bei insgesamt 50 Giraffen lieferte eindeutige Hinweise auf 4 eigenständige Arten: die Nord-Giraffe, die Süd-Giraffe, die Netz-Giraffe und die Massai-Giraffe. Die Daten zeigten zudem, dass sich die 4 Giraffenlinien bereits vor etwa 230.000 bis 370.000 Jahren unabhängig voneinander zu entwickeln begannen. Zwischen ihnen findet kaum oder gar kein genetischer Austausch statt – in freier Wildbahn paaren sich die verschiedenen Arten also in der Regel nicht. Ergänzend wurde kürzlich eine morphologische Studie an Giraffenschädeln veröffentlicht, die die genetischen Befunde stützt.

Spezifisch angepasste Schutzstrategien

„Die amtliche Anerkennung der 4 Arten ist kein bloßes Detail der Wissenschaft, sondern hat unmittelbare Auswirkungen auf den Schutz der Giraffen“, betont Dr. Julian Fennessy, Mitbegründer und Direktor für Naturschutz der GCF. „Giraffen leben in den Savannen Afrikas südlich der Sahara vom Niger über Kenia und Namibia bis Südafrika. Ihre Lebensgrundlage wird durch den wachsenden Bedarf an Nutzflächen vielerorts dezimiert. In manchen Afrikanischen Ländern erschweren politisch schwierige Verhältnisse ihren Schutz. Jede Giraffenart benötigt spezifisch angepasste Schutzstrategien. Durch die offizielle Anerkennung können wir diese nun zielgerichtet entwickeln.“

Fast alle Arten schon gefährdet

Die IUCN wird in einem nächsten Schritt die Gefährdungseinstufung jeder der 4 Giraffenarten für die Rote Liste der bedrohten Arten vornehmen. Erste Einschätzungen deuten darauf hin, dass 3 der 4 Arten als „gefährdet“ oder sogar als „stark gefährdet“ gelten könnten.

„Was für eine Tragödie wäre es, eine Art zu verlieren, die wir gerade erst als solche erkannt haben“, resümiert Stephanie Fennessy, Geschäftsführerin der GCF. „Unsere Arbeit zeigt, wie wichtig es ist, Feldforschung mit Genetik zu verbinden, um konkrete Erfolge im Naturschutz zu erzielen. Die Entscheidung der IUCN ist ein Weckruf und gleichzeitig eine Chance für den Schutz der Giraffen.“

Quelle (nach Angaben von):

Die Fantastischen Vier: Offizielle Anerkennung von vier Giraffenarten | Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. 21.08.2025

(JD)