CatfriendlyKatzenfreundliche Gestaltung in der Tierarztpraxis

„Catfriendly" heißt mehr als nur sanftes Handling – auch Praxisräume sollten katzengerecht gestaltet sein. Was alles dazugehört, lesen Sie hier.

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Eine getigerte Katze rollt sich auf dem Boden und schaut kopfüber in die Kamera.
Marcos Fine Images/stock.adobe.com
In einer katzenfreundlichen Tierarztpraxis muss nicht nur das Warte- sondern auch das Behandlungszimmer durchdacht gestaltet sein.

Für die weitaus meisten Katzen ist schon das Verlassen ihres vertrauten heimischen Umfelds grundsätzlich ein gewisser Stressfaktor – weit mehr als für den Hund, für den es meist normal ist, mit seinen Besitzer*innen auch einmal in unbekannten Gebieten unterwegs zu sein.

So lassen sich beinahe alle Schwierigkeiten – wie zum Beispiel heftige defensive Aggression –, die sich mit Katzen in der Praxis ergeben können, mehr oder weniger auf die Unsicherheit, Angst und den ursprünglichen Auslöser „Verlassen des vertrauten Umfeldes“ zurückführen.

Umso wichtiger ist es also den Umgang mit Katzen sowie die Praxis an sich so katzenfreundlich wie möglich zu gestalten. Langfristig bedeutet das, dass sich nicht nur die Wahrscheinlichkeit weiterer Besuche erhöht, sondern auch insgesamt die medizinische Betreuung der Katze besser wird. Denn der mit dem Transport und Tierarztbesuch verbundene Stress ist einer der wichtigsten Gründe, warum Katzenbesitzer*innen zu selten in die Praxis kommen.

Im Wartezimmer

Katzen sind im Wartezimmer zwangsläufig ängstlich und gestresst, da sie sich außerhalb ihres gewohnten Territoriums befinden und sich besonders verletzlich fühlen. Daher sollten alle auf die Katze einwirkenden Reize so weit wie möglich reduziert oder abgeschwächt werden. Dazu gehören fremde Gerüche, alle Geräusche, optische Reize wie helles Licht und das allgemeine Aktivitätslevel im Wartebereich. 

Daher empfehlen sich:

Getrennte Wartebereiche

Ein räumlich oder zumindest optisch abgeteilter Bereich für Katzen, zu dem Hunde keinen Zugang haben. So wird der Sichtkontakt zwischen den Tieren minimiert. 

Tipp

Wenn eine Trennung im Wartezimmer nicht möglich ist, sollten Katzen-Sprechstunden zeitlich getrennt von Hundesprechstunden stattfinden. Für besonders gestresste Katzen ist es zudem hilfreich, ein freies Behandlungszimmer zur Verfügung zu haben, das jedoch nicht die einzige Möglichkeit der Trennung sein sollte.

„Katzenparkplätze“

Ein „Katzenparkplatz“ ist eine erhöhte Abstellmöglichkeit für Transportboxen. Dadurch wird der Sichtkontakt mit anderen Katzen, fremden Menschen und Aktivitäten im Raum reduziert, was das Sicherheitsgefühl der Katze verbessert.

Dabei sollte die Transportbox zumindest erhöht auf einen Stuhl neben dem Besitzenden gestellt werden. Optimal ist allerdings ein stabiles Regal, bei dem die Abstellfläche mindestens 1 Meter über dem Boden liegt. Damit die Besitzer*innen auch wissen, wofür das Regal da ist, ist eine klare Beschilderung oder ein Hinweis durch das Praxispersonal hilfreich.

Tipp

Auch an der Rezeption ist es sinnvoll ein Bereich auf niedriger Höhe zu integrieren, sodass die Transportbox bei der Anmeldung und Bezahlung darauf abgestellt werden kann. Alternativ kann auch ein kleiner Tisch dafür bereitgestellt werden.

Terminsprechstunde

Um Stress zu vermeiden, sollten möglichst kurze Wartezeiten oder im idealen Fall Termine speziell für Katzenpatienten eingeführt werden.

Geruch

Auch eine regelmäßige gute Belüftung und Einsatz von Diffusoren mit synthetischen Katzenpheromonen können helfen den Stresspegel zu senken. Zusätzlich können auch mit Pheromonen eingesprühte saubere Decken und Handtücher bereitgestellt werden, mit denen die Tierhalter*innen die Katzentransportbox während der Wartezeit abdecken können.

Im Behandlungszimmer

Im günstigsten Fall steht für die Untersuchung und Behandlung von Katzen ein eigener Raum zur Verfügung, der dann auch entsprechend katzenfreundlich und sicher – sowohl für die Katze als auch den Untersuchenden – eingerichtet werden kann. 

In diesem Raum soll sich die Katze vor und auch zwischen einzelnen Untersuchungsschritten frei bewegen und explorieren dürfen. Da vor allem erwachsene Katzen für Futterbelohnungen nicht immer aufgeschlossen genug sind, kann die Freiheit des Explorierens die bei Hunden oft bewährten Leckerbissen als Belohnung ersetzen. Für Jungkatzen bei den ersten Visiten haben sich kurze Spielphasen und katzengerechtes Spielzeug sehr bewährt – sie dienen der Entspannung und positiven Konditionierung ebenso wie der Beratung des Besitzers über richtiges Spielen mit Katzen.

Außerordentlich wichtig für dieses Vorgehen ist, der Katze einerseits das Gefühl von Sicherheit und Versteckmöglichkeiten zu bieten – also nicht ohne Schutz auf freier Fläche allen Blicken ausgesetzt zu sein. Andererseits dürfen diese Versteckmöglichkeiten das tiermedizinische Personal selbst nicht in eine nachteilige Position bringen, falls sich die Katze aus ihrem nunmehr sicheren Unterschlupf heraus verteidigt. Versteckmöglichkeiten werden daher am besten schon von vorneherein geplant und gezielt eingerichtet. Bei diesen einladenden Sollverstecken muss immer eine direkte und unmittelbare Möglichkeit bestehen, die Katze zu erreichen.

Versteckmöglichkeiten

Als Versteckmöglichkeit eignen sich zum Beispiel:

  • Waschbare Kuscheldecken oder Handtücher in der dunklen Ecke unter einem Stuhl – die Decke kann mit der Katze hervorgezogen oder der Stuhl weggehoben werden.
  • Papiersäcke ohne oder mit durchtrennten Griffen – die Katze kann mit dem Sack hochgehoben werden oder dieser wird bei Bedarf aufgeschnitten.
  • Handelsübliche Katzenkuschelplätze, die waschbar sind und zerlegt werden können – Rascheltunnel, Höhlen mit Reißverschluss- oder Klettverbindungen.
  • Plätze, an denen die Katze das Gefühl von gutem Sichtschutz hat – z.B. durch einen Handtuchvorhang.
  • Erhöhte Positionen, auch gemütliche Sitzplätze für Besitzer*innen und Aussichtspunkte am Fenster werden ebenfalls sehr oft freudig angenommen und geben der Katze mehr Sicherheit bei der Annäherung und Kontaktaufnahme auf Augenhöhe.

Alle anderen von Katzen häufig und typischerweise gewählten Schlupflöcher müssen unbedingt abgedichtet und absolut unzugänglich sein – wenn attraktive Sollverstecke zur Verfügung stehen, werden sie von Katzen in der Regel auch spontan angenommen. Insgesamt reduziert sich die Anspannung und Verteidigungsbereitschaft von Katzen, wenn sie schon von vorneherein ein Gefühl von Sicherheit, Übersicht und Kontrolle vermittelt bekommen.

Merke

Vom freien Explorieren ausgenommen werden unbedingt alle jene Katzen, die heftig defensiv oder offensiv-aggressiv reagieren, zum Menschen allgemein oder zu ihren Besitzer*innen (noch) keine gute Beziehung haben und panisch flüchten wollen!

Weitere hilfreiche Tipps

  • Der Untersuchungstisch sollte eine rutschfeste Oberfläche haben – z. B. durch eine Gummimatte, Decke oder Handtuch.
  • Es sollte katzengeeignete Ausrüstung vorhanden sein, z. B. ein Katzen- oder Kinder-Stethoskop, Ophthalmoskop, Thermometer und präzise Waagen. Zudem ist auch die Verwendung leiser Geräte vorteilhaft.
  • Ein indirektes Blutdruckmessgerät (z. B. tragbares Doppler- oder oszillometrisches Gerät) sollte zur Verfügung stehen.
  • Die Sprechzeit muss ausreichend lang sein, um der Katze Zeit zu geben, sich zu akklimatisieren – mindestens 10 Minuten, idealerweise 15 Minuten oder länger bei stressanfälligen Katzen oder bei Eingriffen.
  • Auch im Behandlungszimmer sind Pheromon-Diffusoren hilfreich.

Stationärer Aufenthalt

Die Unterbringung von Katzen auf Station ist ein zentraler Bestandteil des Cat Friendly Clinic-Programms, denn das Wohlbefinden von Katzen während des Aufenthalts in der Klinik ist entscheidend. Sowohl Station, Käfige als auch deren Ausstattung und Anordnung spielen eine wichtige Rolle.

Der Stationsbereich

Optimal ist eine separate Katzenstation, in der ausschließlich Katzen untergebracht sind. Ist das nicht möglich, sollten Katzen und Hunde räumlich bestmöglich getrennt werden – idealerweise durch Barrieren, sodass sie sich nicht sehen können.

  • Die Umgebung muss ruhig, entspannt und komfortabel sein. Lärm minimieren, grelles Licht nur bei Bedarf.
  • Katzen sollten andere Tiere nicht sehen können, um Stress zu vermeiden. Eine Anordnung mit Käfigen nur an einer Wand ist ideal.
  • Wenn Stationsboxen gegenüberliegen, muss ein Mindestabstand von 2 m eingehalten werden oder eine Blickbarriere angebracht sein.

Stationsboxen für Katzen

  • Stationsboxen müssen ausbruchsicher sein und aus leicht zu reinigendem Material bestehen. Kunststoff oder Glasfaser sind angenehmer als Metall.
  • Wände, Boden und Decke sollten idealerweise solide und blickdicht sein. Metallgitter nur mit abwaschbarer Abdeckung verwenden. Drahtböden sind nicht akzeptabel – der Boden muss immer fest und eben sein.
  • Die Front der Stationsbox kann aus Gitter, Glas oder Kunststoff bestehen – Glas oder klarer Kunststoff bieten zusätzlichen Nies-Schutz; halbtransparente Unterseiten geben Sichtschutz.
  • Türverschlüsse sollten leise sein – mit Kunststoffdämpfern oder Stoppern ausstatten.
  • Die Größe der Box ist entscheidend: Mehr Platz ermöglicht bessere Trennung von Bereichen (Schlafplatz, Futter, Wasser, Toilette) und gibt der Katze mehr Kontrolle – das reduziert den Stress erheblich.
  • Immer weiche, bequeme Unterlagen anbieten – Zeitung kann als Unterlage dienen, sollte aber mit Decken oder Handtüchern ergänzt werden.
  • Schlafplatz, Futter/Wasser und Toilette sollten möglichst weit voneinander entfernt in der Stationsbox platziert werden.
  • Ein Versteck muss vorhanden sein – z. B. ein Karton mit hohen Seiten. Das reduziert den Stress erheblich.
  • Zusätzlich sollte eine Möglichkeit bestehen, erhöht zu sitzen – z. B. ein Regal in der Stationsbox, ein Kasten oder die Transportbox als Liegefläche oder Versteck.

Fazit

Wer Katzen in seiner Tierarztpraxis behandelt, kann mit ihnen den Aufenthalt mit einigen Tipps bezüglich Gestaltung und Handling so katzenfreundlich wie möglich gestalten. Neben einer stressfreien und reizarmen Umgebung, ist vor allem Flexibilität und Kreativität gefragt, um auf die individuellen Bedürfnisse von Katzen situationsangepasst eingehen zu können.

Quellen (nach Angaben von):

Top tips for making your clinic Cat Friendly - International Cat Care
Die Katzenpraxis. In: Dehasse JSchroll S, ed. Verhaltensmedizin bei der Katze – Leitsymptome, Diagnostik, Therapie und Prävention. 4., unveränderte Auflage. Stuttgart: Thieme; 2025. doi:10.1055/f-0011-0001-b000001162

(JD)