
Neue EU-Grenzwerte für Blausäure stellen Lebensmittel- und Futtermittelproduzent*innen vor große Herausforderungen. Leinsamen, Bittermandeln und Aprikosenkerne enthalten von Natur aus cyanogene Glykoside, die Blausäure freisetzen können. „Leinsamen können beim Zermahlen, Pressen und beim Kontakt mit Wasser geringe Mengen an Blausäure freisetzen. Diese Verbindungen müssen durch angepasste Prozesse aus dem Presskuchen entfernt werden. Leinöl selbst ist frei von Blausäure“, erklärt Christin Lehmann, stellvertretende Geschäftsführerin der Ölmühle Dörnthal.
Ein neues cyber-physische Messsystem soll Blausäurekonzentrationen in Leinsamen, in der Luft und im Wasser während der Verarbeitung inline und in Echtzeit erfassen. „Wir wollen die Prozesse direkt im laufenden Betrieb überwachen, um Grenzwertüberschreitungen zu verhindern und Kosten für die Hersteller zu senken“, betont Prof. Dr. Peter Hartmann, Leiter der Arbeitsgruppe Optische Technologien an der WHZ. Das System soll herkömmliche, teure und zeitaufwändige Stichprobenanalysen in externen Laboren ersetzen. Die Technologie bietet zudem Potenzial für andere Mühlen und Lebensmittelproduzenten, die Lebensmittel mit cyanogenen Verbindungen verarbeiten.
Optisches Messverfahren bestimmt Konzentration
Ziel ist der Aufbau eines robusten und praxisnahem Sensorsystem, das Grenzwertüberschreitungen frühzeitig signalisiert und so zur Prozessüberwachung und Sicherheit beiträgt. Die WHZ entwickelt dafür ein optisches Messverfahren, das die Konzentration von Blausäure sowohl in der Luft als auch im Wasser zuverlässig bestimmen kann. Zum Einsatz kommt dabei die Multipass-Absorptionsspektroskopie mit durchstimmbaren Laserdioden. Das FTZ konzentriert sich auf die Entwicklung der notwendigen Elektronik und Software. Dazu gehören die präzise Ansteuerung der Laserdioden, die Anbindung der Detektoren sowie eine Auswertesoftware, die die Messergebnisse in konkrete Konzentrationswerte übersetzt.
Die Ölmühle Dörnthal stellt Messproben bereit und untersucht Herstellungsverfahren und Prozessbedingungen, die die Freisetzung von Blausäure beeinflussen. Das IfU entwickelt praxistaugliche Messtechnik für Proben und Voruntersuchungen. COVAC übernimmt die Entwicklung von Elektronik, Software und Hardware zur Steuerung, Auswertung und Integration in den Produktionsprozess.
EU-Grenzwerte gewährleisten Sicherheit
Für den Einsatz in Lebens- und Futtermitteln gelten Höchstgehalte an Blausäure, um die Sicherheit zu gewährleisten. Die EU legt für Leinsamen, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, einen Grenzwert von 150 mg/kg fest. In der Futtermittelwirtschaft orientieren sich Zertifizierungssysteme wie GMP+ an Richtwerten von bis zu 350 mg/kg für Leinkuchen. Diese Grenzwerte stellen sicher, dass Leinsamen und ihre Nebenprodukte in der Praxis sicher eingesetzt werden können – sowohl in der Ernährung als auch in der Tierfütterung.
Quelle (nach Angaben von):
Blausäure im Tierfutter: Neues Messsystem soll Produktion überwachen (whz.de)
(IR)


