
Während der Balz senden Hausmäuse (Mus musculus) Ultraschallvokalisationen (USVs) aus, die jenseits des menschlichen Hörbereichs liegen. Männchen produzieren etwa 90 % der USVs während gegengeschlechtlicher Interaktionen und ihre Vokalisationen zeigen Ähnlichkeiten zu Vogelgesängen. Forscher*innen des Konrad-Lorenz-Instituts für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni untersuchten kürzlich die verschiedenen Arten von Rufen, die von wilden Hausmäusen während der unterschiedlichen Stadien der Balz ausgesendet werden.
Die Forscher*innen zeichneten die Rufe von Mäusepaaren während verschiedener Balz- und Paarungsphasen auf und analysierten die Aufnahmen anschließend mit Hilfe von Spektrogrammen. Dabei klassifizierten sie über 53.000 Rufe, von denen 90 % USVs waren. USVs können in einfachere und komplexere Typen eingeteilt werden. Die Nagetiere gaben während jeder zehnminütigen Aufnahme 0 bis 2.000 USVs ab.
Mäusevokalisationen mit komplexen Veränderungen
Während des Balz- und Paarungsverhaltens zeigten die Mäuse bemerkenswert komplexe und dynamische Veränderungen in ihrer Vokalkomposition und ihrem Repertoire. Dabei wird das Balz- und Paarungsverhalten in 4 Hauptphasen eingeteilt. In der 1. Phase stießen die Mäuse nur wenige Rufe aus, wobei diese nach der Kontaktaufnahme und dem gegenseitigen Beschnuppern mehr wurden. Einige Stunden später, als die Männchen begannen, erste Paarungsversuche und andere sexuelle Verhaltensweisen zu äußern, verstärkten sie die Aussendung aller komplexen USVs, die Frequenzsprünge und harmonische Elemente enthalten. Nachdem die Männchen ejakuliert hatten, hörten sie kurzzeitig auf zu singen, nahmen dann aber ihre Rufe wieder auf, wobei sie allerdings in dieser Phase nur mit einfachen USV-Typen riefen.
Vokalisationen eng mit männlichem Paarungsverhalten verknüpft
Während der späten Balz waren die Vokalisationen der Mäuse eng mit dem Paarungsverhalten der Männchen abgestimmt und erreichten ihren Höhepunkt in Emissionsrate und Komplexität kurz bevor sich die Männchen dem Weibchen näherten und versuchten, es zu besteigen. „Die USV-Emissionsraten nahmen zu, je mehr Sexualverhalten die Männchen an den Tag legten, und zwar insbesondere bei den Mäusen, die erfolgreich kopulierten (mit Ejakulation), was darauf hindeutet, dass die Wirkung der USV auf den Paarungserfolg der Männchen vom Sexualverhalten der Männchen abhängt und umgekehrt“, sagt Studienletztautor Dustin Penn. Ebenso begannen in jenen Fällen die Lautfolgen früher und enthielten komplexere Silbentypen, in denen die Paarungsversuche der Männchen in einer Kopulation endeten. Die Expert*innen detektierten auch Unterschiede in den Vokalisationen während der Anfangsphase des Balzverhaltens - das heißt viele Stunden bevor die Mäuse überhaupt mit sexuellen Interaktionen begannen - zwischen den Paaren, bei denen es später zu einer erfolgreichen Kopulation mit Ejakulation kam und jenen, die sich nicht verpaarten.
„Squeaks“ spielen bei Paarungsverhalten und -erfolg eine Rolle
Etwa 10% der von den Mäusen ausgestoßenen Rufe waren Breitbandvokalisationen (BBVs), auch bekannt als „squeaks“. Diese Rufe spielen sich in niedrigeren Frequenzbereichen ab und sind daher für menschliche Ohren teilweise hörbar.
Es wird angenommen, dass BBVs hauptsächlich oder ausschließlich von Weibchen ausgestoßen werden, und dass sie eventuell eine Funktion für die Abwehr von unerwünschten sexuellen Annäherungsversuchen von Männchen spielen. „In unserem Versuch stellten wir fest, dass sich die Anzahl der BBVs steigerte, sobald die Mäusepärchen direkten körperlichen Kontakt eingingen und ab dem Zeitpunkt, zu dem die Männchen vermehrt sexuelle Interaktionen zeigten, erhöhte sich insbesondere die Anzahl jener BBVs die eine nicht lineare Struktur aufwiesen. Allerdings fanden wir keine Hinweise darauf, dass die BBV-Emissionen zu einer Verringerung der Paarungsversuche der Männchen führten“, so Dustin Penn. Stattdessen emittierten kopulierende Paare mehr BBVs mit einfachen linearen Merkmalen im Vergleich zu den Mäusen, die sich nicht verpaarten. Die Mäuse änderten auch das Timing der BBVs kurz vor einem Paarungsversuch: Die Emission stieg zunächst in den Sekunden vor einem Paarungsversuch an, um dann plötzlich eine Sekunde vor dem tatsächlichen Besteigen wieder deutlich abzufallen. „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die BBVs der Weibchen auch die Paarung beeinflussen und dass das Timing der Emission vor dem Paarungsversuch der Männchen (mit einem Anstieg und dann einem Rückgang) die sexuelle Empfänglichkeit des Weibchens signalisieren kann“, erklärt Dustin Penn.
Synchronisation vor Geschlechtsakt
Die Forscher*innen fanden zudem heraus, dass kurz vor dem Versuch eines Männchens, ein Weibchen zu besteigen, die beiden männlichen und weiblichen Arten von Rufen zeitlich stark synchronisiert geäußert wurden. Eine solche Synchronisation der Balzgesänge, was als „Duettieren“ bezeichnet wird, ist bei einigen Singvögeln und Primaten zu beobachten.
Fazit
Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass die Balzvokalisationen von Hausmäusen weitaus komplexer und dynamischer sind als bisher angenommen und auch Gesangsduette umfassen. Sie liefern den ersten Beweis dafür, dass bestimmte Arten von Vokalisationen den Paarungserfolg von Männchen beeinflussen und dass einige Typen von USVs, die während der anfänglichen Balz ausgestoßen werden, vorhersagen, ob ein Paar erfolgreich kopulieren wird oder nicht.


