ImpfungenImpfungen beim Hund – ein Update mit Tipps zur Beratung

Impfungen sind ein wichtiger Bestandteil der Gesundheitsfürsorge für Hunde. Doch welche Impfungen sind zurzeit auf dem Markt und wie sehen die aktuellen Impfempfehlungen aus?

Inhalt
Ein kleiner Jack Russel Terrier mit braunen Ohren steht vor einem weißen Hintergrund und hält eine Spritze im Maul.
Михаил Решетников/stock.adobe.com
Impfungen beim Hund sind eine etablierte und sichere Methode, die Gesundheit zu schützen.

Für den Hund als Familienmitglied wünschen sich Kund*innen heute oft eine entsprechende Gesundheitsvorsorge und dabei sind Impfungen ein wichtiger Bestandteil. Wir zeigen, welche Impfstoffe verfügbar sind, wie die aktuellen Empfehlungen aussehen und liefern Ihnen Argumente für Ihre Beratung.

Basiswissen zu Impfstoffen

Impfstoffe können grundsätzlich in Lebendimpfstoffe und Totimpfstoffe eingeteilt werden, die aus verschiedenen Bestandteilen bestehen, im Körper eine Immunantwort auslösen und Schutz vor einer Erkrankung herstellen.

Lebendimpfstoff und Totimpfstoff

Lebendimpfstoffe sind Impfstoffe mit lebenden Erregern, bei denen die Erreger abgeschwächt (attenuiert) oder ihre Virulenz minimiert wurde. Bei Lebendimpfstoffen vermehrt sich der Erreger im Tier und kann zu einer Infektion führen, die meist jedoch unbemerkt und ohne jegliche Komplikation für den Patienten abläuft. Das Immunsystem des Hundes wird geweckt und gegen diesen Erreger sensibilisiert. Der große Vorteil eines Lebendimpfstoffs ist, dass der resultierende Schutz effizienter ist als bei der Verwendung von Totimpfstoffen und somit eine weniger frequente Gabe mit längerem Schutz zu erwarten ist.

Bei Totimpfstoffen werden inaktivierte Erreger oder Teile von Erregern (Antigene oder genetisches Material) verwendet. Der Vorteil hierbei ist, dass eine Immunität entwickelt wird, ohne die Möglichkeit, dass der Patient sich infiziert und erkrankt und das macht diese Impfstoffe sicherer in der Anwendung. Ein Nachteil ist, dass meistens ein Adjuvans (Hilfsstoff) benötigt wird, der die Wirkung der Impfung steigert, aber auch zu unerwünschten Reaktionen führen kann. Außerdem sind in der Regel mehrmalige und häufigere Wiederholungen nötig, um den Schutz aufrecht zu erhalten.

Merke

Beim Impfen gilt: so oft wie nötig, so wenig wie möglich und individuell auf das Tier abgestimmt.

Welpe und Impfung

Bei Welpen ist zu berücksichtigen, dass die Übertragung der maternalen Antikörper über das Kolostrum den ersten immunologischen Schutz bietet, bis das Immunsystem des Welpen stark genug ist, eigenen Schutz aufzubauen. Das bedeutet: Es sollte erst dann geimpft werden, wenn die maternalen Antikörper absinken, was zwischen der 8. und 16. Lebenswoche eintritt. Impft man einen Welpen früher, besteht die Gefahr, dass die maternalen Antikörper die Impfung neutralisieren und somit die Wirksamkeit der Impfung beeinträchtigen. Impft man einen Welpen jedoch zu spät, kann er nach dem Kontakt mit dem Erreger aufgrund fehlender Immunität erkranken.

Wichtig ist auch zu bedenken, welchen Impfstoff wir für welche Tiere einsetzen, damit wir für jeden Patienten ein optimales, individuelles Impfschema erstellen können [Abb. 1]. Das erhöht die Sicherheit für den Besitzenden und senkt das Risiko für Komplikationen. Zudem muss der Hund vor der Impfung tierärztlich untersucht und gesund sein und im besten Fall frei von Parasiten (antiparasitäre Prophylaxe/regelmäßige Kotuntersuchungen).

Aktuelle Impfempfehlungen

In Deutschland formuliert die StIko Vet (Ständige Impfkommission für die Veterinärmedizin) als unabhängiges Expertengremium die aktuellen Impfempfehlungen. Zwar sind diese Leitlinien nicht verpflichtend, aber sie gelten als Maßstab und für alle Tierärzt*innen.

Core- und Non-Core-Vakzine

Bei der Anwendung von Impfstoffen unterscheidet man zwischen Core-Vakzinen und Non-Core-Vakzinen. Core-Vakzine sind Impfungen gegen Erreger, gegen die alle Tiere zu jeder Zeit geschützt sein sollten. Non-Core-Vakzine sind Impfungen, die nach unterschiedlichen Faktoren zusätzlich ausgewählt werden können, z. B. Alter, Konstitution des Tieres, Haltung und Umweltfaktoren.

Core-Vakzine

Damit ein Impfstoff angewendet werden kann, muss er eine Zulassung erhalten, bei der die Qualität, Wirksamkeit, Verträglichkeit und Sicherheit des Impfstoffes bestätigt wird. Als Core-Vakzine gelten in der Veterinärmedizin die Impfung gegen Leptospirose, Parvovirose und Staupe mit folgenden wichtigen Details:

  • Leptospirose (Totimpfstoff). Aktuell gibt es Impfstoffe mit 2, 3 oder 4 Erregerstämmen – sog. bi- tri- und tetravalente Impfstoffe. Empfohlen wird die tetravalente Variante, da diese mehr Serovare (Erregertypen) enthält und somit einen breiteren Schutz bietet. Wichtig ist es, den Besitzenden zu informieren, dass durch die Impfung die Infektion nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, da viele weitere Serovare, die nicht im Impfstoff enthalten sind, zur Erkrankung des Tieres führen können.
  • Parvovirose (Lebendimpfstoff). Um hier den bestmöglichen Schutz zu erreichen, ist vor der 12. Lebenswoche eine mehrmalige Immunisierung zu empfehlen. Ab der 12. Lebenswoche ist eine einzige Immunisierung ausreichend. Da nach einer korrekten Grundimmunisierung mit einem längeren Schutz zu rechnen ist, kann ein pauschales Impfschema nicht erstellt werden. Im Idealfall sollte in regelmäßigen Abständen eine Antikörperbestimmung erfolgen und die Impfung ist erst zu wiederholen, wenn die Antikörper abfallen.
  • Staupe (Lebendimpfstoff). Welpen vor der 12. Lebenswoche sollten zur Sicherheit mehrfach geimpft werden. Bei adulten Tieren sollte idealerweise eine Antikörperbestimmung erfolgen, um die Notwendigkeit einer Wiederholung zu beurteilen.

Merke

Impfungen sollten immer individuell nach Risiko und den Lebensumständen des Hundes zusammengestellt werden.

Non-Core-Vakzine

Neben den Impfstoffen, die als Core-Vakzine definiert sind, gibt es noch eine Reihe weiterer Impfstoffe, die für bestimmte Hunde und Lebensumstände sinnvoll sein können. Für den Hund sind in Deutschland Non-Core-Vakzine gegen folgende Erreger zugelassen:

  • Bordetella Bakterien (Bordetella bronchiseptica, Zwingerhusten-Komplex), Lebendimpfung (nasale und orale Anwendung) einzeln oder in Kombination mit einer inaktiven Komponente gegen Parainfluenza zur subkutanen Anwendung erhältlich. Die erste Impfung sollte etwa 1 Woche vor einer erwarteten Exposition erfolgen, frühestens im Alter von 3 Wochen. Der Schutz beträgt maximal 1 Jahr und verhindert nicht die Infektion mit einem Feldvirus (nicht im Impfstoff enthalten), reduziert jedoch die Symptome einer Erkrankung.
  • Parainfluenza Virus (CpiV, Zwingerhustenkomplex), Lebendimpfstoff. Erste Impfung ab der 3. Lebenswoche, je nach Impfstoff, möglich. Die Impfung sollte spätestens 4 Wochen vor einer zu erwartenden Exposition durchgeführt werden. Besonders wichtig im Tierheim, in Tierpensionen und für Hunde, die viel Kontakt zu anderen Hunden haben.
  • Dermatophyten (Hautpilze), inaktive Impfung gegen verschiedene Dermatophyten-Spezies. Frühestens im Alter von 6 – 12 Wochen mit Wiederholung nach 2 – 3 Wochen; schützt zwischen 9 Monaten und 1 Jahr.
  • Canines Herpesvirus-1 (CHV-1, Zwingerhusten-Komplex), inaktivierte Impfung. Empfohlen für Zuchthündinnen mit hohem Risiko der Übertragung des Virus auf die Welpen. Impfungen sollten während der Läufigkeit oder 7 – 10 Tage nach dem angenommenen Befruchtungstermin, sowie 1 – 2 Wochen vor dem zu erwartenden Geburtstermin durchgeführt werden. Um den erwünschten Effekt zu erreichen, ist zu garantieren, dass die Welpen eine adäquate Menge Kolostrum vom Muttertier aufnehmen.

Info

Neben dem klaren Rat zu den Core-Vakzinen empfehlen die meisten Tierärzt*innen zusätzlich die Impfung gegen Hepatitis contagiosa canis und Tollwut wegen der fatalen Folgen im Falle eines Ausbruchs der Infektion. Die Impfungen gegen Parainfluenza und Bordetella werden ebenfalls oft empfohlen, um lästige Symptome einer Infektion zu vermindern.

  • Canines Adenovirus-1 (CAV-1, Hepatitis contagiosa canis, ansteckende Leberentzündung), Lebendimpfstoff. Für die Immunisierung wird das canine Adenovirus 2 (CAV-2) eingesetzt, denn dieses relativ harmlose Virus verursacht eine Kreuzimmunität mit dem potentiell tödlichen CAV-1 und verhindert so die meist tödliche Hepatitis contagiosa canis Infektion. Die Immunität nach der Impfung beträgt 1 – 3 Jahre, je nach Hersteller.
  • Leishmaniose, inaktive Impfung. Empfohlen für Tiere, die in endemischen Gebieten leben oder dorthin reisen. Eine Prophylaxe gegen Sandmücken ist jedoch auch bei geimpften Tieren unverzichtbar. Die Grundimmunisierung ist ab dem 6. Lebensmonat möglich, eine jährliche Wiederholung wird vom Hersteller empfohlen. Nur seronegative Hunde (ohne Antikörper gegen Leishmanien) sollten geimpft werden.
  • Lyme-Borreliose, inaktive Impfung gegen die in Europa (noch) seltene Borreliose. Da die Erkrankung durch Zecken übertragen wird, ist eine gute Zeckenprophylaxe eventuell die bessere Alternative.
Tollwut

Eine Impfung gegen Tollwut ist in Deutschland nicht erforderlich, da die terrestrische Tollwut (Tollwut an Land) in Deutschland als getilgt gilt. Obwohl das Risiko des Kontaktes eines nicht gegen Tollwut geimpften Hundes mit einem tollwütigen oder seuchenverdächtigen Tier äußerst gering ist, schreibt die aktuelle Tollwutverordnung vor, den Hund zu euthanasieren. Sollte der Hund korrekt geimpft sein, ist mit Quarantäne sowie einer engmaschigen Beobachtung des Hundes zu rechnen. Die Grundimmunisierung erfolgt mit 3 Impfungen im Alter von 12 und 16 Wochen, sowie nach 15 Monaten. Die Dauer der Immunität nach der Impfung beträgt 1 – 3 Jahre, je nach Hersteller.

Info

Die Tollwut-Impfung ist für Hunde, die z. B. in Gruppen gehalten werden und für Hunde, die ins Ausland reisen, erforderlich. Für reisende Hunde außerhalb der europäischen Union ist außerdem ein Antikörpernachweis von ≥ 0,5 IE/ml gefordert. Bei Reisen ins Ausland ist es wichtig, den Patientenbesitzenden zu informieren, dass ohne aktuell gültige und lückenlose Impfung die Reise erst 21 Tage nach einer Impfung möglich ist.

Alter des Tieres Parvovirose (sofern keine AK vorhanden) Staupe (sofern keine AK vorhanden) Leptospirose (möglichst tetravalent) Tollwut Hepatitis contagiosa canis Parainfluenza
4 Wochen (X) bei hohem Risiko          
8 Wochen X X X   X X
12 Wochen X X X X X X
16 Wochen X X        
15 Monate X X X      
Adulte Tiere ab dem 12. Lebensmonat            
Erstimpfung X X X X X (X) je nach Erkrankungsrisiko
nach 4 Wochen X X X   X (X) je nach Erkrankungsrisiko
nach 1 Jahr X   X (X) je nach Herstellerangaben   (X) je nach Erkrankungsrisiko
jährlich     X (X) je nach Herstellerangaben (X) je nach Herstellerangaben (X) je nach Erkrankungsrisiko
alle 3 Jahre X X   X X  

Tipps für die Impfberatung

Klar ist, dass aktuell zahlreiche Impfungen auf dem Markt verfügbar sind, doch nicht jeder Hund alle Impfungen benötigt. Bei Impfungen, bei denen man weiß, dass sie über einen längeren Zeitraum Schutz bieten, stellt sich zudem die berechtige Frage, ob und wann eine Nachimpfung notwendig ist. Allgemein gilt, dass eine gute Grundimmunisierung nach Abfall der maternalen Antikörper beim Welpen ein wichtiger Baustein ist, um im Falle einer Infektion möglichst weniger komplizierte Verläufe zu erreichen, und die Überlebenschancen im Krankheitsfall zu steigern.

Wenn uns ein Hund zur Impfung vorgestellt wird, sollte dieser mindestens eine Impfung gegen Leptospirose, Staupe und Parvovirose erhalten. Handelt es sich um einen Welpen, müssen wir die Antikörper der Mutter bedenken, um zu entscheiden, wann die Impfung stattfinden sollte. Idealerweise müsste man den Antikörpertiter bestimmen, um ein individuelles Impfschema für jeden Hund zu erstellen, doch dies ist in der Praxis aus finanziellen und praktischen Gründen oft kaum möglich, daher hat man sich in der Tierärzteschaft auf ein praxistaugliches Schema geeinigt, das für möglichst viele Tiere einen breiten und optimalen Schutz bietet [Tab. 1].

Weitere Empfehlungen

Junge Hunde und Welpen sollten gegen Parainfluenza geimpft werden, bei adulten Tieren, die sich im Tierheim oder in einer Tierpension aufhalten, sowie für Hunde, die viel Kontakt mit anderen Hunden haben, wird die Impfung ebenfalls empfohlen. Die intranasale Lösung kann schon ab einem Alter von 3 Wochen angewendet werden. Die subkutane Impfung darf ab der 8. Woche angewendet werden und benötigt eine Wiederholungsimpfung im Alter von 12 Wochen. Adulte Tiere sollten 1 – 4 Wochen vor Exposition geimpft werden. Bei Bedarf kann eine jährliche Wiederholung durchgeführt werden.

Hunde, die häufigen Kontakt zu anderen Hunden oder Katzen haben, oder Hunde, die sich öfter in einer Tierpension aufhalten oder im Tierheim leben, sollten auch gegen Bordetella geimpft werden. Die Impfung sollte 1 Woche vor vermeintlicher Exposition mit dem Erreger durchgeführt werden.

Sicherheit zählt!

Besonders nach der Corona-Pandemie sind sich die meisten Patientenbesitzer*innen bewusst, wie wichtig eine Impfung für die Gesundheit ihrer Lebensbegleiter ist. Doch oft sind viele Besitzer*innen verunsichert, von dem was sie gehört haben oder was durch Mythen aus bestimmten Personenkreisen etabliert wurde. Man kann heute sagen, dass die zugelassenen Impfstoffe, besonders beim Hund, sehr sicher sind. Selten führt eine Impfung zu Komplikationen, und wenn doch, sind diese meistens selbstlimitierend und bringen in der Regel nur geringe Einschränkungen mit sich wie z. B. leichtes Fieber, Schmerzhaftigkeit an der Injektionsstelle und Mattigkeit.

In seltenen Fällen kann es zu größeren Einschränkungen kommen. Aus diesem Grund lohnt es sich bei Hunden, die bereits einmal negativ auf eine Impfung reagiert haben (z. B. mit Anaphylaxie oder starken gastrointestinalen Symptomen), die Impfung in einzelne Komponenten aufzuteilen und diese im Abstand von 2 – 4 Wochen zu verabreichen, damit das Immunsystem nicht überfordert wird.

Fazit

Impfungen beim Hund sind eine etablierte und sichere Methode, die Gesundheit zu schützen. Wichtig dabei ist eine individuelle Beratung, um Risiken einzuschätzen und die passenden Impfstoffe zu definieren. Ein positiver Nebeneffekt, den die jährliche Impfung zudem mit sich bringt ist, dass der Hund jedes Mal klinisch untersucht werden muss. So können auch andere Erkrankungen frühzeitig erkannt, diagnostiziert und therapiert werden. Und zuletzt muss man auch an die eigene Gesundheit denken, denn unsere Hunde leben in derselben Umgebung wie wir, und auch wenn eine Übertragung bestimmter Erkrankungen zwar unwahrscheinlich ist, ist sie nicht ausgeschlossen (insbesondere bei immunsupprimierten Personen). 

Der Originalbeitrag zum Nachlesen:

Martín R J. Impfungen beim Hund – ein Update mit Tipps zur Beratung. team.konkret 2024; 20(04): 18 - 23. doi:10.1055/a-2379-7455
 

Rubén Jiménez Martín ist Tierarzt und arbeitet als Stationsleiter in der Tierklinik Ettlingen.

Sein Originalbeitrag„Impfungen beim Hund – ein Update mit Tipps zur Beratung“ erschien in derTeam konkret.