PferdMedical Training: Die Temperatur messen

Pferde lernen durch Medical Training verschiedene Situationen, Untersuchungen und Behandlungen gelassen zu meistern. Auch die Messung der Körperkerntemperatur kann geübt werden.

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Eine Person hält die Hand an den Kopf von einem Pferd.
Laura Battiato/stock.adobe.com
Damit Pferde bei der Messung der Körperkerntemperatur nicht gestresst und möglichst entspannt sind, kann rechtzeitig mit gezieltem Medical Training geübt werden.

Die Messung der Körperkerntemperatur ist ein wichtiger Punkt in der Beurteilung des Allgemeinzustands und der Diagnostik von Krankheiten. Bei der Messung, die beim Pferd i. d. R. rektal erfolgt, sollte der Patient ruhig stehen, um Messfehler und Verletzungen des Untersuchenden und des Patienten zu vermeiden. Da viele Pferde aber schon bei der Berührung der Schweifrübe Abwehr und/oder Stressreaktion zeigen, sollte die Messung der Körperkerntemperatur rechtzeitig durch gezieltes Medical Training geübt werden.

Trainingsaufbau

Das Training wird in ein Hauptziel und mehrere Zwischenziele unterteilt (s. Pferdespiegel 2024; 01: 4 – 11). Die Anzahl der Zwischenziele richtet sich nach der Kooperationsbereitschaft des Pferdes und der Erfahrung des Trainierenden. Die Zwischenziele sind so zu wählen, dass sie aufeinander aufbauen. Zeigt das Pferd ein Zwischenziel 2- bis 3-mal in Folge sicher, kann zum nächsten Zwischenziel gewechselt werden.

Lektion Temperaturmessung

Ziel: Das Pferd toleriert die Temperaturmessung ohne Abwehrreaktionen und bleibt bis zum Ende der Messung ruhig stehen [Abb. 1a–d].

Zwischenziele

Entspanntes Stillstehen: Die Basis für das Training zur Temperaturmessung ist das entspannte Stillstehen des Pferdes. Dieser Punkt muss daher trainiert werden, bis das Pferd über einen ausreichend langen Zeitraum hinweg ruhig und entspannt steht. Erst dann wird zum nächsten Zwischenziel gewechselt.

Kontaktaufnahme und die richtige Positionierung des Trainierenden: Die Kontaktaufnahme sowie die richtige Positionierung des Trainierenden sollte unter ruhiger Berührung (eine Hand am Pferdekörper) geschehen. Wichtig, insbesondere bei Manipulationen an der Hinterhand, ist es, auf die eigene Sicherheit zu achten und das Verhalten des Pferdes jederzeit genau zu beobachten. Hierbei spielt, neben der Ohrenstellung und der Grundspannung des Tieres, das Gesichtsfeld des Pferdes eine wichtige Rolle. Das Gesichtsfeld lässt es nicht zu, dass das Tier hinter sich stehende Personen wahrnimmt.

Anheben und Bewegen des Schweifs: Bei diesem Zwischenziel sollten zu Trainingsbeginn schon kleinste Entspannungen belohnt und dieser Schritt so lange geübt werden, bis das Pferd ganz locker und ohne Gegendruck das Anheben des Schweifes toleriert. Erfahrungsgemäß ist dies der herausforderndste Punkt der Lektion. Bei vielen Tieren ist es notwendig und sinnvoll, aus diesem Punkt zwei Zwischenziele zu machen. Außerdem sollte erst zum nächsten Zwischenziel gewechselt werden, wenn die Schweifrübe wirklich locker zu verschieben ist.

Einführen des Thermometers: Das rektale Einführen des Thermometers wird geübt, wobei erstmal nur die Spitze des Thermometers zum Einsatz kommt, um anschließend das Einführen des Thermometers bis zur erforderlichen Tiefe zu trainieren. Etwas Vaseline ist für ein leichtes und schmerzfreies Einführen hilfreich.

Verlängerung der Messzeit: Bleibt das Pferd beim Einführen des Thermometers entspannt stehen und weicht nicht z. B. zur Seite aus, kann die Zeit der Messung verlängert werden. Viele Thermometer signalisieren das Ende der Messung durch ein akustisches Signal, das einige Pferde irritiert, sodass dieses Signal mit in das Training einbezogen werden sollte.

Grundsätzlich ist es hilfreich, auf der „Schokoladenseite“ des Pferdes mit dem Training zu starten. Es ist aber ratsam, anschließend das Einführen des Thermometers auch von der anderen Seite zu trainieren, sodass die Ermittlung der Körperkerntemperatur in jeglichen Situationen ohne zusätzlichen Stress erfolgen kann. Während des gesamten Trainings sollte Körperkontakt in Form von Berührungen durch eine Hand bestehen, so können Anspannungen besser erkannt und Entspannung kann präziser belohnt werden.

TIPP

Es ist einfacher und sicherer, am Anfang mit einer 2. Person zu trainieren und einen Klicker zu verwenden. Der Trainierende kann so am Tier den Klicker auslösen, während die 2. Person das Leckerchen gibt und gleichzeig mit auf das Verhalten des Pferdes achtet.

Der Originalbeitrag zum Nachlesen:
Armbrecht Y., Elfers K. "Medical Training in der Pferdepraxis: Temperatur messenpferde spiegel 2024; 27(02): 65-68 DOI: 10.1055/a-2301-1509

(IR)

Yvonne Armbrecht ist Tierpflegemeisterin im Institut für Physiologie und Zellbiologie an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Sie hat einen Bachelorabschluss Professional of Animal Care and Management.

Kristin Elfers, PhD arbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Physiologie und Zellbiologie an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover.

Der Originalartikel "Medical Training in der Pferdepraxis: Temperatur messen" erschien im Pferdespiegel.