ForschungHundeartige auf Routen, Katzenartige auf Streifzug

Bei der Untersuchung der Bewegungsdaten von Tieren aus der Familie der Katzen und der Hunde entdecken Forschende überraschende Unterschiede im Navigationsstil in freier Wildbahn.

Ein Rotfuchs läuft über ein Feld. Dabei weht ihm der Wind ins Gesicht.
Harry Collins/stock.adobe.com
Wölfe und Füchse nutzen häufiger sogenannte Routenwege als Rotluchse, Löwen und Leoparden.

Der Hund sucht immer wieder die gleichen Orte im Garten auf? Die Katze erkundet bei jedem Ausflug ein anderes Gebiet? Es zirkulieren unzählige Anekdoten zum unterschiedlichen Verhalten der beiden Haustierarten, deren Essenz die Wissenschaft nun auf die Schliche gekommen ist. „Wir haben herausgefunden, dass sich wildlebende Hunde- und Katzenartige auf grundlegend unterschiedliche Weise durch ihre Heimatgebiete bewegen, auch wenn sie häufig ähnlich groß sind, ähnliche Habitate bewohnen und ähnliche Beutetiere bevorzugen“, so Dr. Justin M. Calabrese, Leiter der Forschungsgruppe für Erdsystemwissenschaften des Center for Advanced Systems Understanding (CASUS). „Hundeartige verlassen sich viel stärker auf regelmäßig genutzte Strecken, sogenannte Routenwege. Im Gegensatz dazu neigen Katzenartige dazu, sich ungleichmäßiger durch die Umgebung zu bewegen, was dazu führt, dass deutlich weniger solche Routenwege identifiziert werden.“

Ursache in der Evolution

„Wir vermuten, dass diese Beobachtung auf grundlegende evolutionäre Unterschiede zurückgeht, wie sich diese Arten orientieren und in ihrer Umgebung zurechtfinden“, erklärte Dr. William F. Fagan, Professor für Biologie an der Universität Maryland in den USA und leitender Autor der Studie. „Hundeartige verfügen im Vergleich zu Katzenartigen über bessere olfaktorische Fähigkeiten, die ihnen möglicherweise dabei helfen, bevorzugte Strecken zu etablieren und wiederzufinden.“

„Eine so große Datensammlung ist naturgemäß in vielerlei Hinsicht uneinheitlich. Umso erstaunlicher ist es, dass die gefundenen Unterschiede so deutlich und so konsistent sind”, sagt Calabrese, der auch außerordentlicher Professor an der Universität Maryland ist. „Wir konnten zudem ausschließen, dass die familienspezifischen Unterschiede auf einige typische Störfaktoren zurückgehen.” Interessanterweise wurden die Differenz zwischen Hunde- und Katzenartigen noch deutlicher, als die Forscher*innen ihre Analysen auf einzelne Landschaftstypen beschränkten, in denen Arten beider Familien gemeinsam untersucht werden konnten. Somit kann zum Beispiel ein Einfluss der Umgebung auf die Bewegungsmuster der Tiere ausgeschlossen werden. Konkret ergaben die Daten von in den östlichen Rocky Mountains lebenden Kojoten und Pumas mehr und häufiger genutzte Routenwege für Kojoten.

Ergebnisse auch für Wildtierschutz bedeutsam

Die vorgestellten Ergebnisse widersprechen dem bisherigen Wissensstand über die Bewegungsökologie von Raubsäugetieren. Bis jetzt ging die Forschung davon aus, dass sich Raubtiere – unabhängig von ihrer taxonomischen Zugehörigkeit – beliebig in ihrem Gebiet bewegen. Diese Annahme ist weit verbreitet und wurde bereits in mathematische Standardmodelle aufgenommen. Die neuen Erkenntnisse zeigen jedoch, dass Fleischfresser aus der Familie der Hunde dazu neigen, ein System von „Autobahnen“ zu schaffen, um sich durch Teile ihres Verbreitungsgebiets zu bewegen.

Den Wissenschaftler*innen zufolge sind diese Erkenntnisse sowohl für die Theorie der Tierbewegungen als auch für die Wildtierschutz-Praxis bedeutsam. Im ersten Fall gilt es, Modelle von Begegnungsprozessen zwischen sich bewegenden Tieren zu verbessern – ein Schwerpunkt der ökologischen Forschung am CASUS. Die neuen Modelle von zum Beispiel Räuber-Beute-Beziehungen und Krankheitsübertragungen könnten dann womöglich besser zu den Beobachtungsdaten passen. Bezüglich des Wildtierschutzes helfen ein besseres Verständnis und eine genauere Vorhersage der Bewegungsmuster der Tiere, Begegnungen zwischen Mensch und Wildtier zu reduzieren und Schutzgebiete gefährdeter Arten besser zu planen.

Quelle (nach Angaben von):

Hunde- und Katzenartige navigieren unterschiedlich: die einen haben Standardstrecken, die anderen nicht Globale Analyse der GPS-Aufnahmen von über 1.200 Tieren widerlegt lange gültige Annahmen über Tierbewegungen - Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, HZDR

(JD)