BlogVertrauen als Resilienz-Booster im Team

Wie kann ein stabiles Vertrauensklima in Klinik- und Praxisteams entstehen und wie stärken geteilte Verantwortung, klare Kommunikation und gegenseitige Wertschätzung die psychische Widerstandskraft aller Beteiligten?

Inhalt
Mehrere Menschen aus dem medizinischen Bereich stehen im Kreis und strecken alle ihre Hände in die Mitte.
Jürgen Fälchle/stock.adobe.com - Stock photo. Posed by models
Eine gute Vertrauensbasis im Team führt in jeglicher Hinsicht zu einem positiven Miteinander.

Vertrauen ist nicht „nice to have“ – sondern die unsichtbare Sicherheitsweste in turbulenten Zeiten. Daher ergibt es Sinn, sich auch mit dem Thema „Vertrauen“ zu beschäftigen, wenn es darum geht, weniger Stress und mehr Motivation in den tierärztlichen Alltag einfließen zu lassen.

Vertrauen basiert auf der Annahme, dass unsere Erwartungen an Menschen oder Entwicklungen eintreffen. Man verlässt sich auf den Wahrheitsgehalt einer Aussage und glaubt an die Zuverlässigkeit von Menschen und Institutionen sowie ihre Fähigkeit, richtige Entscheidungen zu treffen. 

Vertrauen bedeutet, sich auf einen offenen und respektvollen Umgang miteinander verlassen zu können und darauf zu vertrauen, dass die jeweiligen Akteure Verantwortung übernehmen. Dennoch erleben wir immer wieder Enttäuschungen, denn ausgerechnet mit dieser Basiskompetenz tun wir uns schwer.

Was Vertrauen bedeutet 

Vertrauen ist ein Gefühl der Sicherheit und Zuversicht, das entsteht, wenn man darauf vertraut, dass jemand oder etwas zuverlässig ist. Es basiert auf Erfahrungen, Integrität und Verlässlichkeit und ermöglicht zwischenmenschliche Beziehungen. Vertrauen ist ein zentraler Bestandteil des sozialen Zusammenhalts.

Möchten Unternehmen, in unserem Fall tierärztliche Praxen und Kliniken, zukunftsfähig sein bzw. bleiben, ist das Thema Vertrauen wesentlich! Denn es wirkt sich nicht nur positiv auf die Arbeitgebermarke und die Kundenbeziehungen aus, sondern führt auch zu weniger individuellem Stressempfinden im Team. 

Was kann ich als Einzelperson im Team tun, damit man mir vertraut?

Jede und jeder, die bzw. der sich mit Vertrauen auseinandersetzt, sollte wissen: Vertrauen ist eine Entscheidung für Verletzlichkeit, die auf Zuversicht basiert.

Trotzdem ist Vertrauen mehr als nur ein Gefühl. Das ist das Ergebnis einer mehr oder weniger bewussten Einschätzung. Sie verlangt, dass wir unsere Sicherheit ein Stück weit abgeben und uns potenziell schwächen, um gemeinsam stark zu werden. Somit bringen Sätze wie "Vertrau mir mal!" nicht so wirklich viel!

Wie also gelingt es mir, Vertrauen zu gewinnen, ohne es einfordern zu müssen?

Es gibt viele Bereiche, in denen man Vertrauenswürdigkeit beweisen kann. Und das ist wichtig und notwendig!

Hier ein paar Beispiele:
  • Sei verschwiegen und taktvoll – vor allem, wenn es um persönliche Angelegenheiten geht.
  • Sei ehrlich und respektvoll. Dazu gehört auch, eigene Fehler zuzugeben und dich aufrichtig zu entschuldigen.
  • Achte die Grenzen deiner Kolleg*innen – ob fachlich, persönlich oder körperlich. Es ist wichtig, aufeinander achtzugeben.
  • Klärt Erwartungen transparent und so früh wie möglich, um Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden.
  • Halte deine Versprechen. Wer sie bricht, lässt nicht nur andere im Stich, sondern untergräbt auch die eigene Glaubwürdigkeit.
  • Bleib deinen Werten treu, auch wenn das bedeutet, einmal „Nein“ sagen zu müssen.
  • Sei hilfsbereit und unterstütze andere im Team mit deiner Erfahrung und deinem Wissen.
  • Bewahre eine empathische Haltung und sei offen für Perspektivwechsel.

Bei Vertrauen geht es darum, eine offene Haltung zu erlernen, zu üben und zu bewahren. Wir werden nach meinem Empfinden in der aktuellen Gesellschaft immer mehr darauf trainiert, uns zu verschließen, uns abzuschotten, egoistisch zu denken und niemanden an uns ran zu lassen. Diese Haltung wird uns aber langfristig nicht weiterbringen, unabhängig davon, dass sie konfliktbehafteter und auf Dauer auch stressvoller ist.

Wer vertrauenswürdig ist, mit dem arbeitet man gerne zusammen. Und das Schöne daran: Vertrauen ist eine reziproke Angelegenheit. Wer mir vertraut, wünscht sich - in der Regel - auch eine eigene Vertrauenswürdigkeit. Vertrauen – so sensibel es auch ist - wächst, wenn man es teilt.
Außerdem folgen auf Vertrauen Loyalität und Bindung. Und beides ist nicht nur im Team wichtig, sondern auch bei Kunden.

Vielleicht bist du aber eine der Personen, die selbst sehr vertrauenswürdig ist, aber selbst nicht vertraut? Es gibt Situationen, die den Vertrauensaufbau erschweren, denn Vertrauen basiert auch auf Erfahrungen. Und waren diese in der Vergangenheit eher negativ, fällt es schwer, über seinen eigenen Schatten zu springen und doch (wieder) zu vertrauen.

Hier ein paar Hilfen für dieses Thema:

Eigene Vertrauenshürden überwinden

  • Die positive Absicht hinter Verhaltensweisen erkennen:
    Hinter jedem Verhalten steckt in der Regel eine gute Absicht, selbst wenn sie auf den ersten Blick nicht erkennbar ist. Wer versucht, die Beweggründe anderer zu verstehen, anstatt vorschnell zu urteilen, begegnet ihnen mit Wohlwollen und legt damit den Grundstein für gegenseitiges Vertrauen.
  • Erwartungen klären:
    Offene und klare Kommunikation ist essenziell: Sprich aus, was du von anderen erwartest, und frage nach, was andere von dir benötigen. So entstehen keine Missverständnisse und alle wissen, woran sie sind. Das schafft Sicherheit und verhindert Enttäuschungen.
  • Erkennen, dass gute Erwartungen gute Leistungen bewirken:
    Wenn du anderen Menschen positive Erwartungen entgegenbringst, stärkt das ihr Selbstvertrauen und motiviert sie, ihr Bestes zu geben. Wer darauf vertraut, dass andere gute Arbeit leisten, fördert damit auch deren Engagement und Leistungsbereitschaft. Es entsteht eine Atmosphäre, in der alle über sich hinauswachsen und – am Ende – auch vertrauen können.
  • Wissen, dass jeder Mensch alle Ressourcen hat, die er braucht:
    Jeder Mensch verfügt über Fähigkeiten, Talente und Potenziale, die manchmal verborgen sind, aber durch Ermutigung und Unterstützung aktiviert werden können. Vertrauen bedeutet, davon auszugehen, dass jede Person – auch wenn sie Unsicherheiten hat – grundsätzlich in der Lage ist, Herausforderungen zu meistern und Lösungen zu finden.
  • Sich selbst vom Gegenteil der eigenen Weltsicht überzeugen:
    Verlasse deine gewohnten Denkmuster und versuche, auch andere Sichtweisen einzunehmen. Wer bereit ist, sich auf neue Perspektiven einzulassen und eigene Überzeugungen zu hinterfragen, öffnet sich für Vertrauen – und kann dadurch selbst Vertrauen schenken und empfangen.

Vertrauen und Bindung im Team

Wie bereits erwähnt, entsteht durch Vertrauen auch Bindung und Loyalität – jedoch ist damit keinesfalls blinder Gehorsam oder Selbstaufgabe gemeint. Vertrauen bedeutet vielmehr Loyalität ohne Abhängigkeit. Wenn Menschen sich aufeinander verlassen können, gehen sie gemeinsam Wege, sei es im alltäglichen Betrieb oder bei größeren Veränderungen wie einem Praxisumzug, der Einführung neuer Leistungsbereiche oder einem Umbau. Gerade in herausfordernden Situationen wie Personalmangel, erhöhtem Stress oder einem stetigen Zustrom an Kundschaft zeigt sich, wie wichtig ein starkes Miteinander ist. Vertrauen, Bindung und Loyalität äußern sich darin, dass man füreinander einsteht – nicht, weil man es muss, sondern weil man es möchte. In guten wie in schlechten Zeiten.

Und da kommen wir zu 3 Faktoren, warum eine Person sich an ein Unternehmen gebunden fühlt. 

  • affektiv: wenn der Mitarbeitende ein starkes inneres Bedürfnis hat, die Beziehung zum Unternehmen aufrechtzuerhalten 
  • normativ: wenn der Mitarbeitende sich eher moralisch verpflichtet fühlt, die Beziehung aufrechtzuerhalten, z.B. wenn zu wenig Personal im Team ist und ein Weggang das Arbeitspensum für andere noch weiter erhöhen würde
  • kalkulatorisch: wenn der Mitarbeitende den Fokus auf persönlichen Nachteilen hat, wenn er oder sie geht, z.B. dass er oder sie nichts Besseres finden wird.

Die stärkste Bindung ist die affektive. Denn wenn der Mitarbeiter / die Mitarbeiterin ein starkes inneres Bedürfnis hat, die Beziehung zur Praxis oder Klinik aufrechtzuerhalten, dann MÖCHTE sie oder er auch gar nicht wo anders arbeiten. 

Kurze Zwischenfrage: 

In welcher Bindungskategorie siehst du dich derzeit? – Und warum?

Wie ich Vertrauen wieder aufbauen kann, wenn es verloren gegangen ist

Teams arbeiten tagtäglich miteinander. Diskussionen und Konflikte sind nicht immer vermeidbar und das ist auch nicht schlimm!

Um miteinander gut zu funktionieren und vor allem auch konstruktiv aus Konflikten zu gehen, ist allerdings der Aufbau einer langfristigen Vertrauensbeziehung notwendig. Wenn das Vertrauen in einem Team verloren geht, kann dies schwerwiegende Folgen haben. 

Hier noch einige Strategien, um verlorenes Vertrauen wieder aufzubauen:

  • Schnelle und aufrichtige Entschuldigung
    Wenn ein Fehler passiert ist, ist es wichtig, sich schnell und aufrichtig zu entschuldigen. Eine schablonenhafte Entschuldigung, die das eigentliche Problem nicht anerkennt, sollte vermieden werden. Stattdessen sollte die Entschuldigung echte Besorgnis ausdrücken und praktische Schritte zur Lösung bieten.
  • Transparenz und Kommunikation
    Offene Kommunikation ist entscheidend. Teile deinem Team oder deinen Kund*innen mit, was schiefgelaufen ist und wie du das Problem beheben wirst. Zeige, dass du aus dem Fehler lernst und Maßnahmen ergreifst, um ähnliche Probleme künftig zu vermeiden.
  • Verantwortung übernehmen
    Übernimm die Verantwortung für deinen Fehler und zeige, dass du daraus lernst. Vermeide es, den Fehler zu leugnen oder die Schuld auf andere zu schieben.
  • Kontinuierliche Verbesserung
    Arbeite kontinuierlich daran, das Vertrauen Schritt für Schritt wieder aufzubauen. Halte deine Versprechen ein und liefere beständig gute Arbeit.
  • Klare Kommunikation von Maßnahmen
    Je nach Schwere des Fehlers:
    Erkläre, welche Maßnahmen du ergreifst, um das Vertrauen wiederherzustellen. Das kann zum Beispiel eine verlässlichere Dienstplangestaltung im Team sein oder die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme. 

Eines steht fest: Wer eine Situation nicht aktiv verändert, verändert nichts. Gibt es somit Vertrauensprobleme im Team, dann muss man der Sache auf den Grund gehen. Auch wenn die Maßnahmen schwerfallen oder man keine Lust oder Zeit für sowas hat.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist Geduld! Vertrauen braucht Zeit, um wieder aufgebaut zu werden. Sei geduldig und konsequent in deinen Bemühungen.

Fazit

  • Vertrauen fußt auf Haltung und Verhalten.
  • Wer vertraut, dem wird (in der Regel) Vertrauen entgegengebracht.
  • Vertrauen kann sich nur langfristig aufbauen und ist – vor allem in der Anfangsphase – sehr fragil.
  • Eine gute Vertrauensbasis im Team führt in jeglicher Hinsicht zu einem positiven Miteinander und besser erreichbaren gemeinsamen Zielen.