EndokrinologieFeline Hyperthyreose – Welche Therapieoption ist die beste?

Von Medikamenten über Radiojodtherapie bis hin zur chirurgischen Entfernung der Schilddrüse – es gibt viele Möglichkeiten eine Katze mit Hyperthyreose zu behandeln.

Inhalt
Eine schwarze Katze mit gelben Augen liegt draußen im grünen Gras.
Miller_Eszter/stock.adobe.com
Bei der Auswahl der richtigen Behandlungsmethode sollten verschiedene Punkte berücksichtigt werden.

Hyperthyreote Katzen stellen keine Seltenheit in der Kleintierpraxis dar. Obwohl die Erkrankung meistens medikamentell behandelt wird, stehen weitere Therapieoptionen zur Verfügung. Welche Therapieoption ist am besten für Ihren Patienten geeignet? Die Antwort finden Sie in diesem Übersichtsartikel.

Therapie

Eine unbehandelte Hyperthyreose kann zu einem lebensbedrohlichen Zustand (z. B. sekundäre Kardiomyopathie, Herzrhythmusstörungen oder starker Gewichtsverlust) führen, weshalb jede betroffene Katze eine Therapie benötigt. Die Auswahl der optimalen Therapie sollte individuell für den Patienten getroffen werden und auf eine bestmögliche Lebensqualität der Katze und des Besitzers zielen. Es gibt 4 verschiedene Behandlungsansätze der felinen Hyperthyreose, welche oral oder transdermal verabreichte Thyreostatika, Fütterung einer Jod-restriktiven Diät, chirurgische Entfernung der veränderten Schilddrüse sowie Radiojodtherapie beinhaltet. Jede Therapieoption hat Vor- und Nachteile [Tab. 1] und unterscheidet sich hinsichtlich der initialen und Langzeitkosten, Nebenwirkungen, Applikationsart und Verfügbarkeit. Ebenso benötigen manche Katzen mehr als eine Behandlungsform. Darüber sollte jede*r Besitzer*in aufgeklärt werden.

Therapieoptionen pro kontra
medikamentelle Therapie
  • gute Wirksamkeit – Langzeitkontrolle bei ca. 75% der Katzen möglich
  • Tabletten sind relativ kostengünstig und klein
  • keine Narkose oder Operation notwendig
  • reversibler Effekt auf glomeruläre Filtrationsrategut geeignet zur Stabilisierung des Patienten vor einer operativen Thyreoidektomie oder Radiojodtherapie
  • milde bis lebensbedrohliche Nebenwirkungen möglich
  • Besitzer-Compliance: lebenslange Tablettengabe notwendig
  • regelmäßige Blutkontrollen zur Therapiekontrolle
  • mittlere Überlebensrate niedriger als nach Radiojodtherapie [13]
  • keine Heilung, Tumorwachstum schreitet fort
  • in fortgeschrittenem Stadium kann medikamentelle Kontrolle der Erkrankung schwierig werden
  • Medikamente können über Haut des Besitzenden aufgenommen werden und sind potenziell teratogen
Fütterung einer Jod-restriktiven Diät
  • Euthyreose möglich (50% der Fälle)
  • günstig
  • keine Narkose, keine Operation, kein stationärer Aufenthalt
  • keine tägliche Tabletteneingabe
  • keine Nebenwirkungen bekannt
  • ausschließliche Fütterung der Diät, schwierig bei Freigängern und Mehrkatzenhaushalt
  • keine Studien über Langzeitauswirkungen einer jodarmen Diät
  • keine Heilung, Tumorwachstum schreitet fort
  • niedrige Schmackhaftigkeit bei vielen Katzen (über 1/3 der Katzen frisst die Diät nicht)
  • keine Verbesserung klinischer Symptome
  • viele Katzen bleiben weiterhin hyperthyreot
  • muss zunächst mehrere Wochen gefüttert werden, um T4-Wert zu senken
Chirurgie
  • gute Erfolge bei erfahrenen Chirurgen: geringe Komplikationsrate, Schilddrüse i. d. R. gut zugänglich
  • schnelle und relativ günstige Operation
  • kein Spezialequipment notwendig
  • Heilung möglich (> 90%)
  • kurzer stationärer Aufenthalt
  • Euthyreose bereits 1 – 2 Tage post OP zu erwarten
  • Therapie der Wahl, wenn Radiojodtherapie nicht verfügbar ist
  • Narkoserisiko, vor allem bei Komorbiditäten erhöht
  • intraoperative Komplikationen
  • iatrogener Hypoparathyreoidismus, lebensbedrohliche Hypokalzämie möglich
  • iatrogene Hypothyreose (i. d. R. transient) kann kurzzeitige Supplementation von Schilddrüsenhormonen als Folge haben
  • persistierende Hyperthyreose möglich
  • verändertes Schilddrüsengewebe kann eventuell nicht vollständig entfernt werden, insbesondere, wenn intrathorakale Tumoren vorhanden sind
  • bei einseitiger Thyreoidektomie Entartung der kontralateralen Seite und somit Krankheitsrückfall möglich
Radiojodtherapie
  • Heilung in 85 – 95% der Fälle, entartetes Schilddrüsengewebe wird zerstört
  • Goldstandard
  • keine tägliche Tabletten- oder Safteingabe bzw. Salbenapplikation
  • keine Nebenwirkungen wie bei Thyreostatika beschrieben
  • keine Fütterungseinschränkungen wie bei einer jodarmen Diät
  • keine postoperativen Komplikationen wie bei einer Operation
  • Indikation bei Katzen mit ektopem Schilddrüsengewebe oder Schilddrüsenkarzinom, bei denen aufgrund der Lokalisation oder des invasiven Wachstums eine chirurgische Entfernung nicht möglich ist
  • bestmögliche Therapie bei Katzen, die Nebenwirkungen auf Thyreostatika entwickeln oder die therapieresistent werden
  • relativ teuer (einmalige Kosten)
  • Narkose oder Sedation notwendig
  • längerer stationärer Aufenthalt inklusive Isolation notwendig
  • in Isolationsphase maximale Kontakteinschränkung zu den Katzen notwendig
  • nach Behandlung 4-wöchentliche Kontakteinschränkung sowie Wohnungshaltung aufgrund Strahlenbelastung
  • Behandlung mit radioaktivem Jod nur in wenigen Kliniken mit einer behördlichen Umgangsgenehmigung dafür möglich
  • bei ca. 5 – 15% aller Behandlungen wird keine Euthyreose erreicht, bei persistierender Hyperthyreose wird eine erneute Radiojodtherapie benötigt
  • iatrogene Hypothyreose und folgende lebenslange T4-Supplementation ist ein mögliches Risiko

Medikamentelle Therapie (Thyreostatika)

Weltweit erhalten die meisten hyperthyreoten Katzen zunächst eine medikamentelle Therapie mittels Thyreostatika. Diese Medikamente hemmen die Thyreoperoxidase, wodurch im Schilddrüsenfollikel (genauer am Thyrosinrest des Thyreoglobulins) kein Jod mehr gebunden werden kann und somit die Produktion von Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) reduziert wird. Die Aufnahme von Jod in die Zelle wird nicht gehemmt, und bereits gebildete Hormone können nicht abgebaut werden. Thyreostatika wirken nicht zytotoxisch auf die Schilddrüse, d. h. die Schilddrüsenzellen werden nicht zerstört, und somit wird das Tumorwachstum nicht gebremst oder verhindert. Lediglich die Folgen der Erkrankung werden behandelt. Dies erklärt auch, weshalb beim Fortschreiten der Erkrankung eine Dosiserhöhung notwendig werden kann, um eine Euthyreose beizubehalten. Die medikamentelle Einstellung des Patienten kann zunehmend erschwert sein und führt in manchen Fällen bis hin zu mangelndem Erlangen einer Euthyreose. Eine Studie hat zudem gezeigt, dass mit der Krankheitsdauer das veränderte Schilddrüsenvolumen ansteigt und die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung eines Karzinoms aus dem Adenom um 20% steigt [14].

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Eine medikamentelle Therapie ist vor jeder finalen Therapie anzuraten, da man so die Entwicklung der Nierenwerte unter Verminderung der glomerulären Filtrationsrate durch die Euthyreose abschätzen kann und die Entscheidung reversibel bleibt.

Praxishinweis

Die mittlere Überlebenszeit bei ausschließlicher medikamenteller Therapie liegt bei 2 Jahren und ist somit halb so lang wie bei Katzen nach Radiojodtherapie [13], weshalb man Besitzer*innen mit jüngeren Katzen immer zu einer kurativen Therapie (Radiojodtherapie oder Chirurgie) raten sollte.

Milde bis moderate Nebenwirkungen sind möglich und in der Regel innerhalb der ersten 3 Monate zu erwarten. Diese wurden ausführlich in einer Übersichtsarbeit von Mark E. Peterson beschrieben [20]. Milde Nebenwirkungen wie gastrointestinale Symptome sind häufig, aber meistens selbstlimitierend bzw. sprechen häufig auf eine Dosisreduktion der oralen Medikamente oder eine Umstellung auf transdermale Anwendung an. Außerdem kann es zu milden Leukopenien, Eosinopenien sowie Lymphozytosen kommen. Selten kommt es zu einer generalisierten peripheren Lymphadenomegalie. Zeigen sich jedoch schwere Nebenwirkungen wie Agranulozytose, Thrombopenien, Blutungen, Hepatopathien oder Exkoriationen im Gesicht (vermutlich ausgelöst durch starken Juckreiz und Aufkratzen), ist ein sofortiges Absetzen der Medikamente indiziert, und es müssen alternative Therapieoptionen in Erwägung gezogen werden.

Fütterung einer Jod-restriktiven Diät

Ein weiterer Therapieansatz besteht in der Fütterung eines jodarmen Futters. Bis zum aktuellen Zeitpunkt ist dieses in Deutschland ausschließlich durch die Firma Hillʼs (y/d) erhältlich. Es gibt wenige Studien zur Wirksamkeit der Diät, jedoch konnte in einer Studie nach 60 Tagen strikter Fütterung bei 42% der Patienten ein tT4-Wert innerhalb der Referenz und nach 180 Tagen sogar bei 83% der Tiere festgestellt werden [21]. Klinisch zeigte sich allerdings keine signifikante Besserung objektiver klinischer Symptome (Körpergewicht, Herzfrequenz), aber auch keine Verschlechterung.

Die Langzeitfolgen einer jodarmen Diät sind unbekannt, jedoch zeigten die Patienten der Studie innerhalb 1 Jahres keine Symptome eines Jodmangels. Ob eine Jod-restriktive Fütterung als Langzeittherapie einer Hyperthyreose geeignet ist, müssen weitere Studien zeigen. Es wird angegeben, dass diese Therapieoption für Situationen reserviert bleiben sollte, in denen eine kurative Therapie nicht möglich und eine Medikamentengabe für den Besitzenden nicht durchführbar ist [20]. Hier müssen Katzenbesitzer*innen aufgeklärt werden, dass jedes Leckerli, Futter von der Partnerkatze, Beute (Maus etc.) ausreichend Jod beinhaltet, um den Erfolg der Diät zunichte zu machen. Katzen im Mehrkatzenhaushalt müssen demnach separat gefüttert werden, alternativ kann die jodarme Diät allen Katzen im Haushalt gefüttert werden, wenn täglich eine ergänzende Versorgung der euthyreoten Katzen mit Lebensmitteln mit höherem Jodgehalt gewährleistet ist [22].

Chirurgie

Eine weitere Therapieoption ist die chirurgische Entfernung der entarteten Schilddrüse. Vorteilhaft ist, dass die Schilddrüse von außen gut zugänglich ist, bei einem erfahrenen Chirurgen die Operation nicht lange dauert und es sich um eine relativ kostengünstige Operation handelt. Ganz wichtig ist der Aspekt, dass bei dieser Therapieoption eine Heilung möglich ist. Vorsichtig zu werten ist die benötigte Vollnarkose bei der in der Regel geriatrischen Katze mit möglichen Herzproblemen, weshalb in jedem Falle sowohl eine sorgfältige Prüfung der Narkosefähigkeit als auch eine medikamentelle Einstellung des Patienten vor der OP anzuraten ist.

Neben intraoperativen Komplikationen kann es postoperativ zu einem iatrogenen Hypoparathyreoidismus kommen. Diese Gefahr besteht vor allem bei beidseitiger Thyreoidektomie durch akzidentelle Entfernung der Nebenschilddrüsen. Um dieses Risiko zu reduzieren, ist eine Aufteilung in 2 Operationen im Abstand von 4 Wochen zu bedenken. Eine weitere postoperative Komplikation stellt eine iatrogene Hypothyreose da. Diese ist meist transient, da das atrophierte Schilddrüsengewebe (z. B. von der kontralateralen Seite) wieder aktiviert wird.

Was bei einer chirurgischen Versorgung immer bedacht werden sollte, ist das verändertes Schilddrüsengewebe aufgrund seiner Größe intrathorakal absacken kann und dann schwer zugänglich wird. Aus der eigenen Erfahrung heraus ist es sehr wichtig, vor einer geplanten Operation eine Szintigrafie durchzuführen, denn es können immer zusätzliche intrathorakale Tumoren vorhanden sein, auch wenn die klinisch palpable Zubildung gut operabel erscheint. Beim Nachweis von ektopischem Schilddrüsengewebe ist aufgrund der erhöhten Rezidivgefahr von einer operativen Behandlung abzuraten [23]. Insgesamt ist eine operative Therapie somit bei bilateralen Tumoren oder ektopischem Schilddrüsengewebe nicht empfehlenswert, was zuvor mittels Szintigrafie abgeklärt werden sollte.

Radiojodtherapie

Die Radiojodtherapie ist die Behandlung der Wahl bei der felinen Hyperthyreose und zählt als Goldstandard mit einer Erfolgsrate zur Heilung der Erkrankung von 85 – 95% [24], [25], [26]. Bei der Radiojodtherapie wird das radioaktive Isotop Jod 131 intravenös oder subkutan verabreicht.

Die Schilddrüsenhormone und das Thyreoglobulin (Trägerprotein in den Schilddrüsenfollikeln) sind die einzigen Moleküle im Körper mit Jod, weshalb aufgenommenes Jod ausschließlich in der Schilddrüse aufgenommen wird. Die prozentuale Aufnahme (Uptake) von radioaktivem Jod 131 in die Schilddrüse liegt bei ca. 10 – 60% und ist somit genauso gut bis besser als bei normalem Jod [27]. Der Rest wird überwiegend im Urin, zu einem geringen Grad auch im Kot ausgeschieden. Nach Aufnahme von Jod 131 kommt es zu einer Beta-Strahlung, welche zu einer lokalen Gewebszerstörung des hyperaktiven Schilddrüsengewebes führt. Wichtig: Die Strahlung kann nur ca. 1 – 2 mm weit das Gewebe durchdringen, weshalb es nicht zu einer Zerstörung des umliegenden Gewebes, z. B. der Nebenschilddrüse, kommt. Das kompensatorisch atrophierte Gewebe nimmt kein Jod auf und ist deshalb nicht betroffen und kann nach erfolgreicher Therapie wieder funktionsfähig werden.

Merke

Thyreostatika sollten 1 Woche vor einer Radiojodtherapie abgesetzt werden.

Ein Absetzen der Thyreostatika ist notwendig, um einen reellen tT4-Wert ohne Einfluss von Thyreostatika ermitteln zu können, welcher für die anschließende Ermittlung der zu verabreichenden Jod-131-Aktivität wichtig ist. Weiterhin ist nur so eine adäquate Aufnahme von Technetium und Jod 131 in die Schilddrüse möglich. Eine Jod-restriktive Diät sollte aufgrund einer Erhöhung des Jod-131-Uptakes in die Schilddrüse (Erhöhung der Aufnahme um 38–639%) 2 Wochen vorher abgesetzt werden [28].

Ein tT4-Wert innerhalb der Referenz ist in der Regel schon innerhalb weniger Tagebis weniger Wochennach Radiojodtherapie zu erwarten, in seltenen Fällen kann es bis zu 6 Monate nach Therapie dauern [25]. Die Behandlung mit radioaktivem Jod hat viele Vorteile gegenüber anderen Behandlungsoptionen [Tab. 1], z. B. eine niedrige Komplikationsrate, eine längere Überlebenszeit oder die sehr hohe Heilungsrate. Zudem ist das Prozedere in der Regel relativ stressfrei für die Katzen, und Besitzer*innen berichten im Folgenden über eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität.

Nach intravenöser Gabe des radioaktiven Jods muss aufgrund der vom Patienten ausgehenden Strahlung eine Isolation des Tieres erfolgen. Die Isolationsdauer ist abhängig von der Höhe der applizierten Jod-131-Aktivität und dem Stoffwechsel der Katze und liegt bei der Behandlung von Schilddrüsenadenomen in der Regel zwischen 2 und 7 Tagen. Wird ein Schilddrüsenkarzinom mittels Radiojodtherapie behandelt, so ist die Joddosis deutlich höher und daher auch ein längerer stationärer Aufenthalt notwendig (2 – 3, selten 4 Wochen). In dieser Zeit wird aufgrund des Strahlenschutzes der Kontakt zwischen Mensch und Tier auf das Nötigste (Fütterung und Reinigung der Katzentoilette) beschränkt. Dies ist ein wichtiger Grund, weshalb vor der Therapie eine intensive Abklärung sowohl der Narkosefähigkeit als auch möglicher Komorbiditäten erfolgen sollte. Chronisch kranke Tiere, die eine regelmäßige Applikation von Medikamenten, die sie nicht selbst über das Futter aufnehmen (z. B. insulinpflichtige Diabetiker, täglich notwendige Tabletteneingabe) benötigen, eignen sich nicht für eine Radiojodtherapie, aufgrund der mit der Medikamentenapplikation verbundenen hohen Strahlenbelastung für das medizinische Personal und das Risiko einer Inkorporation von Jod 131 durch Biss- oder Stichverletzungen. Eine Inkorporation von Jod 131 muss aus Gründen des Strahlenschutzes unbedingt vermieden werden, da die Strahlenbelastung der betroffenen Person um den Faktor 10 000 steigt. Insgesamt muss man von Fall zu Fall entscheiden, ob eine Anpassung der medikamentellen Therapie für einen gewissen Zeitraum möglich ist. Ebenso eignen sich auch Katzen mit einer fortgeschrittenen chronischen Nierenerkrankung oder einer anderweitigen Tumorerkrankung nicht für eine Radiojodtherapie und die damit verbundenen Schritte.

Nebenwirkungen einer Radiojodtherapie sind generell gering, jedoch können abhängig von der Behandlungsdosis von Jod 131 bis zu 75% der Katzen für einen bestimmten Zeitraum nach Therapie hypothyreot werden [17]. Hierbei muss unterschieden werden, ob die Hypothyreose transient oder manifest ist. Bis zu 6 Monate nach Radiojodtherapie kann es zu einer transienten Hypothyreose kommen, und diese kann bei klinisch unauffälligen Patienten und normalen Nierenwerten toleriert werden. Geht die Hypothyreose jedoch mit klinischen Symptomen (Anorexie, Mattigkeit) oder einer Azotämie einher oder wird 6 Monate nach Radiojodtherapie manifest, so ist in den meisten Fällen eine lebenslange Substitution von Schilddrüsenhormonen in Tablettenform notwendig. Je nach Studienlage ist das bei 2 – 50% der hypothyreoten Katzen der Fall [24], [25], [29]. 

Dieser Inhalt unterliegt den Bestimmungen gemäß Heilmittelwerbegesetz (HWG) und darf nur berechtigten Personen zugänglich gemacht werden. Bitte loggen Sie sich ein, um diesen Inhalt zu sehen.

Insbesondere bei azotämischen Katzen ist auch eine subklinische Hypothyreose, die durch ein erhöhtes TSH bei niedrig normalem tT4 gekennzeichnet ist, aufgrund der Verschlechterung der Nierenfunktion nicht wünschenswert, sodass hier zur Therapiekontrolle auch eine TSH-Messung zur Früherkennung einer subklinischen Hypothyreose und Start einer niedrigdosierten Substitutionstherapie in Betracht zu ziehen ist.

Nach Radiojodtherapie besteht zudem in seltenen Fällen die Möglichkeit einer persistierenden Hyperthyreose (< 5%), bei welcher eine erneute Radiojodtherapie anzuraten ist.

Welche Therapieoption ist die richtige?

Patientenbesitzer*innen einer jüngeren Katze (< 12 Jahren oder sehr gesunden älteren Katzen < 16 Jahren) ohne Begleiterkrankung und einer potenziell längeren Lebenserwartung (> 2 – 3 Jahre) sollte immer eine heilende Therapie empfohlen werden (Radiojodtherapie oder Chirurgie). Dagegen sollte geriatrischen Katzen mit schweren Begleiterkrankungen (z. B. Neoplasien oder chronischer Nierenerkrankung) eine medikamentelle Therapie oder jodarmes Futter empfohlen werden [19]. Da der klinische Zustand vieler Katzen irgendwo dazwischenliegt, sollte Tierbesitzer*innen über alle möglichen Therapieoptionen aufgeklärt werden, um die richtige Entscheidung für ihre Katze treffen zu können. Katzen mit Schilddrüsenkarzinomen oder ektopem Schilddrüsengewebe sollten ebenso mit radioaktivem Jod behandelt werden. Auch bei einem Schilddrüsenkarzinom besteht bei Durchführung einer Radiojodtherapie eine hohe Chance auf Heilung (Euthyreose in ca. 85% der Fälle) [31]. Eine operative Versorgung ist aufgrund von Metastasen oder Invasivität häufig nicht mehr möglich. Im Kasten „Entscheidung über optimale Therapieoptionen“ sind wichtige Punkte zur Berücksichtigung bei der Entscheidung aufgelistet.

Entscheidung über optimale Therapieoptionen

Bei der Auswahl der richtigen Behandlungsmethode sollten folgende Punkte berücksichtigt werden:

  • Alter der Katze
  • Anwesenheit/Abwesenheit von signifikanten Begleiterkrankungen
  • Schweregrad der klinischen Hyperthyreose
  • Größe des Schilddrüsentumors
  • Verfügbarkeit erfahrener Chirurg*innen
  • Angebot einer Radiojodtherapie in der näheren Umgebung
  • Tabletten-/Safteingabe oder Salbengabe durch den Besitzer möglich/nicht möglich
  • Kooperationsbereitschaft der Katze zur Tabletten-/Safteingabe/Salbenapplikation
  • Freigänger/Wohnungskatze
  • Einzelkatze/Mehrkatzenhaushalt
  • Kosten (unmittelbare und Langzeitkosten)
  • potenzielle Nebenwirkungen der Behandlungsoptionen

Ziel sollte immer eine bestmögliche Lebensqualität für Tier und Besitzer*in sein!

Komorbiditäten 

Da es sich bei der felinen Hyperthyreose um eine Erkrankung der geriatrischen Katze handelt, sind chronische Begleiterkrankungen häufig. So zeigten circa 20 – 30% der Katzen, welche im Zuge einer Radiojodtherapie voruntersucht wurden, eine zusätzliche Erkrankung [32], [33]. Am häufigsten konnten hier Herzerkrankungen, Nierenerkrankungen und Magen-Darm-Erkrankungen festgestellt werden, welche jeweils als direkte Folge der Hyperthyreose oder als eigenständige Erkrankung gesehen werden müssen. Dies bestärkt die Entscheidung, dass bei jeder hyperthyreoten Katze neben der gründlichen klinischen Untersuchung eine hämatologische und klinisch-chemische Untersuchung sowie Urinanalyse durchgeführt werden sollte und wenn nötig auch weiterführende Untersuchungen (Ultraschall Abdomen, Echokardiografie, EKG und Blutdruckmessung).

Hyperthyreose und chronische Nierenerkrankung

Hyperthyreose und chronische Nierenerkrankung kommen häufig bei der geriatrischen Katze vor, weshalb sie frequent gleichzeitig bei ein und demselben Tier anzutreffen sind. Da es bei einer Hyperthyreose zu einer erhöhten glomerulären Filtrationsrate (GFR) und erhöhtem Blutfluss durch die Nieren kommt, kann sie eine milde bis moderate chronische Nierenerkrankung durch normale Harnstoff- und Kreatinin-Werte im Blut „maskieren“ [34]. Zusätzlich kann der Kreatinin-Wert durch eine in der Regel reduzierte Körpermuskelmasse hyperthyreoter Katzen zusätzlich reduziert sein. Bei betroffenen Tieren kann die Behandlung der felinen Hyperthyreose und einhergehender Normalisierung der glomerulären Filtrationsrate demnach eine chronische Nierenerkrankung identifizieren. Eine Vorhersage über eine mögliche Nierenerkrankung bei unbehandelter Hyperthyreose zu treffen ist schwierig, da es keine eindeutigen klinischen Parameter gibt, jedoch kann sie bei Nierenwerten am oberen Referenzbereich, vermindertem spezifischen Uringewicht oder erhöhtem symmetrischen Dimethylarginin (SDMA) vermutet werden. Deshalb ist es sinnvoll bei diesen Patienten zur Abschätzung der Entwicklung der Nierenwerte zunächst eine reversible Behandlungsmethode auszuwählen (Tablettengabe oder Futter). Eine tatsächliche Aussage darf man allerdings erst nach 3 – 6 Monaten erfolgreicher Therapie (Euthyreose) treffen. Circa 25% dieser Katzen entwickeln eine Azotämie in diesem Zeitraum [34].

Katzen, die nach Therapie hypothyreot werden, haben ein höheres Risiko eine Azotämie zu entwickeln (ca. 50%), was einen negativen Einfluss auf die Überlebensrate des Tieres hat [11]. Deshalb sollte der Zustand einer klinischen als auch subklinischen (normaler bis niedrig-normaler tT4-Wert, hohes TSH) Hypothyreose vermieden werden. Folglich muss bei medikamenteller Therapie eine Reduktion der täglichen Thyreostatika-Dosis erfolgen und bei endgültiger Therapie (Radiojodtherapie oder Chirurgie) frühzeitig eine Supplementierung von Schilddrüsenhormonen (Levothyroxin) diskutiert werden [30]. Bei Supplementierung der Schilddrüsenhormone hypothyreoter Katzen zeigen die meisten Tiere eine Besserung der Nierenwerte.

Der Originalbeitrag zum Nachlesen:

Häuser M, Bauer N, Hazuchova K. Feline Hyperthyreose – Welche Therapieoption ist die beste?. kleintier konkret 2021; 24(02): 38 - 49. doi:10.1055/a-1325-7931

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Dr. Mia-Katharina Häuser ist Tierärztin der Abteilung Innere Medizin der Klinik für Kleintiere an der Universität Gießen.

Prof. Dr. Natali Bauer arbeitet ebenfalls in der Abteilung Innere Medizin der Klinik für Kleintiere an der Uni Gießen. Sie ist Fachtierärztin für Innere Medizin der Klein- und Heimtiere und Diplomate des European College of Veterinary Clinical Pathology (ECVCP).

Dr. Katarina Hazuchova, PhD und Diplomate ECVIM-CA (European College of Veterinary Internal Medicine – Companion Animals) ist Leiterin der Abteilung Innere Medizin an der Klinik für Kleintiere der Justus-Liebig-Universität.

Ihr Originalbeitrag „Feline Hyperthyreose – Welche Therapieoption ist die beste?“ erschien in der Kleintier konkret.