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So ähnlich sich Pferd und Esel auf den ersten Blick auch sein mögen, so unterschiedlich kann die Anatomie einiger Strukturen gerade von Gebiss und Maulhöhle sein. Dies bringt eine Reihe von Besonderheiten bei Erkrankungen und nicht zuletzt der Zahnbearbeitung mit sich, weshalb ihnen ein eigenes Kapitel im Fachbuch Esel- und Maultierkrankheiten gewidmet ist.
Routinemäßige Kontrollen sind wichtig
Seine kräftig ausgeprägten Kiefer und Kaumuskeln machen es dem Esel möglich, auch die faserreichste und härteste Kost mühelos zu zerkleinern. Dies wird außerdem durch einen um ein gutes Drittel im Vergleich zum Unterkiefer breiteren Oberkiefer begünstigt, was den Kauausschlag damit deutlich vergrößert.
Entsprechend der Haltung in unseren Regionen mit den viel weicheren Futtermitteln nutzt sich das Gebiss jedoch grundsätzlich anders ab, was Erkrankungen von Gebiss und Maulhöhle Vorschub leistet. Es ist deshalb ratsam, das Eselgebiss regelmäßig zu untersuchen. Dies geschieht am besten unter Sedierung, um Abwehrbewegungen zu vermeiden und das Tier gewissenhaft untersuchen zu können. Die Sedation mit Detomidin, wie sie auch beim Pferd Einsatz findet, führt beim Esel jedoch häufig zu Schnauben und Jucken der Nase.
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Untersuchungsgang des stomatognathen Systems
Die Untersuchung beginnt mit den Scheidezähnen, den Eckzähnen und der Lade. Hierbei sollen Zahnstellung, Kauflächen und Zahnkronen beurteilt werden. Immer wieder wird diskutiert, ob die beim Esel so häufig auffällige ventrale Krümmung (smile) arttypisch ist bzw. ab wann eine Begradigung stattfinden sollte, weil die Bewegung des Unterkiefers behindert wird. Hiernach erfolgt die Beurteilung des Zahnhalteapparats, welche die Untersuchung des Zahnfleischs und die möglicherweise Lockerung einzelner Zähne mit einbezieht. Unter Zuhilfenahme einer Sonde kann überprüft werden, ob offene Pulpenhöhlen vorliegen.
Durch das gegenseitige Verschieben der Kiefer kann die Okklusion der Kauleisten getestet werden, die am besten in einer physiologischen Kauhaltung erfolgt. Neben dem physiologischen übereinander Gleiten der Zähne können Knacken und Quietschen oder auch ein Festhängen auftreten, welche pathologisch sind.
Untersuchung der hinteren Abschnitte
Sind die Schneidezähne ausreichend stabil und ebenmäßig, können über das Einlegen eines Maulgatters letztlich die hintere Maulhöhle sowie der Rest der Backenzähne beurteilt werden. Die sog. Curve of Spee ist bei vielen Eseln viel stärker ausgeprägt als beim Pferd. Häufig kann durch den starken Anstieg der Kaufläche des Unterkiefers der Eindruck entstehen, dass sich am letzten Backenzahn ein Haken gebildet hat, den es abzurunden gilt. Dies ist jedoch oft nicht der Fall.
Merke
Die Beurteilung von Zunge und Schleimhaut liefert wichtige Informationen über das Vorliegen eventueller Pathologien an den Backenzähnen
Ein Blick auf die Zunge liefert wertvolle Hinweise auf welcher Höhe Zahnkanten liegen, die die Zunge verletzt haben. Linguale Kanten treten daher hauptsächlich an den Unterkieferbackenzähnen, bukkale dagegen an denen des Oberkiefers auf. Es ist darauf zu achten, dass gerade beim Esel die physiologisch scharfen Kanten nicht zu stark zu runden, um die Zerkleinerungsfunktion nicht zu stark zu beeinträchtigen.
Mögliche Befunde an den Backenzähnen
Ähnlich wie beim Pferd sind pathologische Befunde wie Wellen und Stufen, Rampen und Haken zu finden, die im Falle von Rampen die Entstehung von Diastemata mit Parodontaltaschenbildung durch Futterimpaktation begünstigen. Gerade Esel neigen besonders häufig zu Parodontaltaschen, was auch durch zuckerreiche Futtermittel begünstigt wird. Solche Futtermittel haften lange an den Zähnen und führen über Säurebildung zur Auflösung des Zahnzements.

Zahnbehandlungen beim Esel
Merke
Ziel der Zahnbearbeitung muss stets ein möglichst gleichmäßiger Kontakt der Zähne sein.
Es empfiehlt sich ggf. vor dem Einlegen eines Maulgatters zunächst die Schneidezähne zu begradigen, um einen gleichmäßigen Kontakt der Maulgatterauflagen zu gewährleisten. Andernfalls ist es möglich, dass sich aufgrund der starken Kaumuskulatur und der einseitigen Belastung einzelne Zähne lockern oder gar frakturieren. Zur Beurteilung hilft das Einlegen eines Lineals zwischen die Schneidezähne.

Die Pulpenhöhlen der Schneidezähne dürfen dabei auf keinen Fall eröffnet werden. Auch muss darauf geachtet werden, dass die Zähne beim Schleifen nicht überhitzen.
Gerade die Bearbeitung der Zähne von Kleineseln kann herausfordernd sein und erfordert ein filigranes Equipment. Die großen Zähne lassen oft nicht viel Platz in der engen Maulhöhle. Es kommt deshalb häufig zu Blutungen. Auf eine gute Schmerzabdeckung ist im Anschluss an die Zahnbearbeitung zu achten.
Ähnlich wie bei den Kanten ist auch bei den Querkämmen der Backenzähne darauf zu achten, dass diese nicht zu stark abgeflacht werden. Sie dürfen nur begradigt werden, wenn sie zu erweiterten Zahnzwischenräumen bei den Gegenspielern führen.
Generell ist die Entstehung von pathologisch erweiterte Zahnzwischenräumen ein häufig auftretendes Problem bei Eseln. Sind die Diastemata besonders schmal, empfiehlt es sich, diese gründlich zu spülen oder wenn sich immer wieder Futter einspießt, sie unter endoskopischer Kontrolle zu erweitern. Dabei ist darauf zu achten, dass keine Pulpahöhle eröffnet wird. Diastemata schließen sich selten wieder komplett, sodass wiederholte Behandlungen erforderlich sein können.
Auch Esel haben Karies
Wenn bei der Zahnentwicklung eine nur ungenügende Füllung der Schmelzeinstülpungen in der Kaufläche (Infundibula) erfolgt ist, also eine Zementhypoplasie vorliegt, sind diese Zähne häufig prädestiniert für Karies. Hier muss das kariöse Material in der Zahnbehandlung dann entfernt werden und eine Füllung eingebracht werden, um ein Vordringen bis in die Pulpa zu vermeiden. Dies gelingt oft nur mit filigranem Instrumentarium und einer entsprechenden Erfahrung.
Aber auch die periphere Karies, welche durch einen niedrigen pH-Wert von Futter und Trinkwasser führt dazu, dass sich das Zahnzement nach und nach reduziert, wodurch Zwischenzahntaschen und Schärfen entstehen. Wichtig ist hierbei vor allem, dem Besitzer die große Bedeutung einer Optimierung des Fütterungsmanagements verständlich zu machen. So kann erreicht werden, dass genug gesundes Zahnmaterial nachgeschoben wird.
Esel- und Maultierkrankheiten
Mehr interessante Themen rund um die Eselgesundheit finden sich im Fachbuch Esel- und Maultierkrankheiten von Prof. Dr. Heidrun Gehlen und Dr. Bianca Schwarz.
Teil 1: Haltung, Anatomie, Verhalten, Zucht
- gesetzliche Grundlagen, Haltungsformen, Anatomie und Physiologie, Sozialverhalten, Fortpflanzung
Teil 2: Diagnostik und Erkrankungen
- Propädeutik, Handling, spezielle Untersuchungsmethoden, Leitsymptome, Prophylaxe, Erkrankungen der Haut, des Bewegungsapparates, des Respirationstrakts, des Magen-Darm-Trakts, des Herz-Kreislauf-Systems, des Harn- und Geschlechtsapparats, der Sinnesorgane
Teil 3: Narkose und OP
- Narkose und Sedation, Anästhesie, häufige Operationen




