
Wie schützt man, was man nicht kennt? Vor dieser unlösbaren Aufgabe stand die Gesellschaft im Hinblick auf den weltweiten Insektenschwund bisher. Biolog*innen der Universität Duisburg-Essen und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung haben nun erstmals einen kostengünstigen Workflow mit Laborrobotern entwickelt, mit dem sie fast 2000 Proben aus Malaisefallen nahezu in Echtzeit parallel analysieren können.
Wozu nutzt man Malaisefallen?
In den zeltartigen Malaisefallen werden vor allem Fluginsekten gefangen, gelangen durch ihr natürliches Verhalten am oberen Teil der Falle in ein Gefäß mit Alkohol und werden dort konserviert.
Schutzmaßnahmen verbesern
Mithilfe des neuen Laborworkflows zur Erfassung der Artenvielfalt können nun Antworten auf wichtige Fragen gefunden werden, um Insekten-Schutzmaßnahmen zu verbessern. So ist es zum Beispiel wichtig zu wissen, ob die Anzahl der Insekten speziesunabhängig geringer wird oder ob einzelne Arten komplett verschwinden.
Entwickelt wurde der Laborworkflow von einem Team um Dr. Dominik Buchner aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Florian Leese an der Universität Duisburg-Essen (UDE) gemeinsam mit der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Peter Haase (UDE und Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung): Grundlage ist das deutschlandweite Langzeit-Insektenmonitoring, das seit 2019 vom deutschen Netzwerk für ökosystemare Langzeitforschung, kurz LTER-D, in Zusammenarbeit mit den Nationalen Naturlandschaften (NNL) betrieben wird. In den ersten beiden Jahren haben rund 100 Mitarbeitende von der Hilfskraft bis zu Professor*innen rund 2000 Insektenproben genommen, aufbereitet und an die UDE geschickt. Dazu waren mehr als 75 Malaisefallen über Deutschland verteilt – von Borkum an der Küste bis Berchtesgaden in den bayrischen Alpen.
Zahlreiche Arten noch unbeschrieben
In seinen Laboren an der UDE hat das Team einen Arbeitsablauf etabliert, der Laborroboter nutzt, um die Proben mit mehreren Millionen Insekten anhand des genetischen Fingerabdrucks auszuwerten. Mithilfe dieses DNA-Barcodings konnten die Forschenden 31.846 Arten für Deutschland identifizieren und geographisch zuordnen. „Bisher sind für Deutschland nur etwas mehr als 33.000 Arten beschrieben. Unsere Stichproben zeigen, dass es zahlreiche Arten gibt, die noch unbeschrieben sind oder von uns jetzt erstmals in Deutschland nachgewiesen wurden“, erklärt Buchner. Haase ergänzt: „Das deutschlandweite Insektenmonitoring von LTER-D und NNL hat somit bereits in seinen ersten beiden Jahren gezeigt, wie wichtig dieser neue Ansatz ist.“
Kostengünstige Analyse
Die größte Herausforderung für Leeses Arbeitsgruppe an der UDE war es, den logistischen und bioinformatischen Ablauf so zu strukturieren, dass sie einen einzigen Workflow ergeben, der schnell, günstig und nicht zu aufwendig ist und gleichzeitig zuverlässige Daten liefert. So kostet die Analyse einer Probe mit tausenden von Insekten nur rund 50 € inklusive Personalkosten.
„Der Rückgang der Artenvielfalt ist auch wirtschaftlich ein Desaster“, so Leese. „Leider wissen wir bislang nur für einen Bruchteil der Arten, wo sie vorkommen und wie sich die Verbreitungsgebiete und Bestände entwickeln.“ Mit dem in der Studie präsentierten Workflow gelang es dem Team, genau diese Daten für ein ganzes Land zusammenzutragen.
Quelle (nach Angaben von):
Meldungen aus der UDE. 10.10.2024
(JD)


